Mufti Éléganti

Es ist ungemein einfach, sich eine bestimmte Situation, eine bestimmte Stimmung emporzurufen. Sei es durch freies Schweifen der Gedanken oder und vor allem durch teilnehmende Beobachtung der einschlägigen und in großer Zahl vorhandenen popkulturellen Zerstreuungen. Je nach Gemütslage zieht der Beobachter und Konsument einzelne Aspekte aus dem Gestrüpp der industriellen Unterhaltung, und reibt seine eigene Kreativität daran, bis ein Funke entsteht. Dieser Funke wird nun, je nach charakterlicher Verfassung, Neigung und vor allem Kenntnis zur Entzündung eines sog. Abenteuers benutzt. Diese zielen dann darauf ab, die Stimmung, Atmosphäre, Situation wiederum am Spieltische mit den Mitspielern zu teilen, um so auf gleiche Wellenlänge gebracht, auf eben einer Welle des gemeinsamen Sentiments fortgetragen zu werden.
Stimmungsspielabenteuer sind dann also intensive, organisierte Rezeptionshandlungen, in denen die Themen aus der medialen Umwelt des Spielleiters planhaft zum wiederholten Erleben bereitgestellt werden.
Durch die Natur der Sache ist es gegeben, daß die anderen Teilnehmer diesen Ball zwar zum Genusse in der Luft halten, fangen, und zielgerichtet weiterwerfen müssen, aber über die zum Erlebnis angebotenen Themen keinerlei Einfluß haben. Ist nur ein Glied der Kette nicht zur Mitarbeit bereit, macht es das ganze „Spiel“ kaputt, der Ball wird z.B. weit weg geschleudert, behalten und bestaunt, gedribbelt bis alle anderen sich langweilen, oder jemanden an den Kopf geworfen.

Wir stellen also fest:
Stimmungsabenteuer, die wie beschrieben decidiert dem Transporte einer bestimmten Atmosphäre und Gefühlsregung gewidmet sind, sind leicht zu erzeugen.
Aber sie sind insofern schwer zu spielen und zu leiten, als daß kein Teilnehmer ausscheren darf. Logischerweise werden die Ausscherer damit als ganz besondere Störenfriede betrachtet, da sie ja allen das Gemeinschaftserlebnis verweigern.
Anders beim Abenteuerrollenspiel: Herausforderungen zu entwerfen ist recht difficil. Aber, sollten nicht alle primär am Überwinden dieser Herausforderung interessiert sein, so ist das kein Beinbruch. Das Spiel läuft weiter, und bald weiß der SL, daß „Stimmis“ Personnage eben nicht voll zu zählen ist. Aber das Wichtigste: Das Spiel läuft weiter. Wenn aber Stimmung das Spiel ist, dann ist mit kaputter Atmosphäre auch der Abend im Eimer. Gutes ist abwärtskompatibel, so enthält ARS Atmosphäre und zu guten Teilen Stimmung, und nicht als alleinigen Zweck. Die Radikalisierung des Rollenspielhobbies in Deutschland hat eben genau zur Folge, daß viel weniger als andernorts beim Hobby bleiben. Und es hat zur Folge, daß kaum effektive Fanbeiträge erstellt werden. Nur klein sind die Nischen, die im Redax-Meisterspiel gelassen werden, in denen die Fans kreativ sein dürfen. Vollkommen nichtcodificiert und also dillettantisch bleibt die Entwicklung von Stimmungsbenteuern. Dahingegen gibt es für die ARSe der Welt unglaublich viel Fanmaterial, mit denen man tatsächlich etwas anfangen kann, existieren Richtwerte und -linien, Abenteurmaschinen, Handlungsmaschinen, Software, Blankokarten, Kartengeneratoren, Flußdiagramme etc. pp. Stimmungsspielabenteuer sind sentimental, diskriminierend und zugleich stümperhaft. Eine fatale Mischung.

Zum O.R.K.

Ein Gedanke zu „Mufti Éléganti

  1. Herausforderungen zu entwerfen ist recht difficil dazu noch Dahingegen gibt es für die ARSe der Welt unglaublich viel Fanmaterial, […] existieren Richtwerte und -linien, Abenteurmaschinen, Handlungsmaschinen, Software, Blankokarten, Kartengeneratoren, Flußdiagramme etc. ppwidersprechen sich diese beiden Zitate nicht? Ehrlich gestanden: Eine Abenteur- (sic) oder Handlungsmaschine anzuwerfen halte ich für nicht sonderlich difficil(sic). Außerdem erlaube ich mir zu sagen, dass Computer ziemlich dumm sind, Fansoftware meistens nicht besonders gut. Wenn es also diese Dinge gibt und sie funktionieren – was ich nicht in Abrede stellen möchte – dann kann ich nur sagen: ARSe Abenteuer zu erstellen muss sehr, sehr einfach sein.Ist es aber einfach, ein Stimmungsabenteuer zu erschaffen? Ich bin geneigt, „ja“ zu sagen, obwohl ich es nicht belegen kann. Klar, Settembrini kann es auch nicht belegen (eine Verfahrensweise ist kein Beleg, es sei denn, man beweist, dass sie wirklich funktioniert – was er nicht macht) und stellt es als unumstößliche Wahrheit hin, dass Stimmungsabenteuer einfach sind. Auf jeden Fall macht ein Stimmungsabenteuer sehr viel Arbeit, da man nicht nur Handlung, NSCs sondern eben auch Atmosphäre, das heißt Spannungsbogen, Beschreibungen, Hintergrundmusik und so weiter organisieren sollte.

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