Failed Sanity Check

Ja, meinen Wurf habe ich vergeigt. Wegen der gestrigen zähen und anhaltenden Diskussionen im Großen Familien Forum, verweigere ich heute die Rezensionsarbeit an Degenesis. Ich habe in ruhiger, abgeschlossener Umgebung es gewagt mich in die GedankenWelt des Christian Günther zu begeben, ein Unterfangen welches in schneller Zunahme meiner erworbenen Müdigkeit, sowie mehrfachen verzweifelten Kopfschüttelns angesichts der Erzählhinweise endete.

Onkel Günnis Prosa zusammen mit seiner Weigerung in diese Prosa ein Spiel zu betten, sowie die schön anzusehenden, geradezu romantischen Marko-Zeichnungen von Menschen die sind, gleichsam repräsentieren, aber durch ihr bloßes sein so eingenommen scheinen, daß sie Statuen ähneln. Sie sind so wie sie sind, unabänderliche, in sich ruhende Pole der Kewlness, deren Gestalt von den Änderungen kündigt, die die Apokalypse in unserer Welt gezeitigt hat. Doch höre, oh Wanderer durch das Netz: Geht von ihnen Handlungswille aus? Gibt es einen Moment, an dem wir es ihnen gleichtun wollen, wie es gute Spielillustrationen machen? Obgleich die Kunst als in hohem Maße subjektiv zu bezeichnen zum guten Ton gehört, wage ich hier das Urteil „Nein“ zu fällen, mit einem gewissen Anspruch auf Absolutheit eben dieses Urteiles, sowie eingedenk der Tatsache, dies niemals durch harte Argumente beweisen zu müssen oder gar zu können. Aber Wanderer, siehe selbst, obiger Link führt zum Repositorium der unentgeltlich abgegebenen digitalen version des D(egenesis)-GruW.
Bedeutend spannender und meine geistige Stabilität unterstützend, ist aus dem Land der Spielerfreiheit und der Heimat der Tapferen Meister frohe Kunde an mein AUge gedrungen:
Wolfgang Baur, schreibt ein Abenteuer nach den Vorgaben von Abonnisten, dem Patenkonzept Demiurgons (Gott habe es seelig) nicht unähnlich. Als Vorreiter der Qualität und Verfechter des Dungeon Crawls, habe ich mich natürlich sofort angemeldet.

Ein Gedanke zu „Failed Sanity Check

  1. Die Niedergeschlagenheit ob der mit Lesen des DeGenesis-Grundregelwerks verschwendeten Zeit kann ich nur zu gut nachvollziehen.Ich hatte mir das DeGenesis-GRW während eines längeren Klinik-Aufenthaltes als – naiverweise erwartet – inspirierende Lektüre zum Heben des Geistes und Ablenken von den krankheitsmäßig eh schon depressiven Empfindungen mitgenommen. Das war ein Glück. – Nein, nicht das Mitnehmen des DeGenesis-GRWs, sondern daß ich mich zur Zeit des Lesens ohnehin schon in einer Klinik befunden habe. So konnte schnell und professionell das Schlimmste durch ärztliche Heilkunst vermieden werden.Ehrlich gesagt bin ich auf den ganzen Hype im Vorfeld der DeGenesis-Publikation hereingefallen. Warum auch nicht? – Die Bücher zu „Den Chroniken der Engel“ hatten mich sofort in ihren Bann gezogen und in mir die Hoffnung auf ein weiteres „Fräuleinwunder“ der deutschsprachigen Rollenspiel-Autorenschaft geweckt. Doch Wunder gibt es immer wieder, Heute oder Morgen können sie gescheh’n. Wunder gibt es immer wieder, wenn sie dir begegnen, musst du sie auch seh’n.Das einzig wunderbare beim DeGenesis-GRW ist der recht solide Hardcover-Einband. Die Bilder darauf und vor allem darin wirken tatsächlich so wie aus Madame Piercing’s Wachsfiguren-Kabinett. Leblose Statuen, die rumstehen und NICHTS machen. Das aber so kewl wie möglich.Die „Kult“-Beschreibungen lassen einen wundern, ob die Autoren überhaupt wissen, was denn ein „Kult“ eigentlich ist. Außerdem – ja, ich habe DeGenesis AM STÜCK durchgelesen *ächz* – sind die Beschreibungen, die Text derart ermüdend WIEDERHOLEND, daß ich mich beim Lesen schon gefragt habe, ob hier ein Word-Textbaustein für jeweils die Hälfte der „Kult“-Beschreibungen verwandt wurde, statt diese jedesmal händisch per copy-paste zu duplizieren. Eventuell liegt es aber auch an der mangelnden sprachlichen Vielseitigkeit der Autoren, daß immer wieder dieselben(!) schwülstigen Formulierungsstereotypen verwandt wurden.In der Frühzeit der Kerker&Drachen-Rollenspiele gab es in alten Magazinen Artikel zu solchen Problemen, wie einem „Dungeon“, in welchem unmotiviert Monster nebeneinander plaziert wurden, die – sobald man den „Start“-Knopf drückte – sich eigentlich sofort gegenseitig radikal auslöschen würden, weil sie zu 100% unverträglich miteinander waren und somit in demselben Gebiet (eben dem Dungeon) sich sofort an die Gurgel (oder andere passende Körperteile) gehen würden. – Mit DeGenesis kann man sehen, daß diese (un)gute, alte Methode des „unökologischen“ Dungeons jetzt – welch Fortschritt in der Entwicklung der Rollenspiele – auch auf Mikro-Kulturen wie sie die „Kulte“ in DeGenesis darstellen, angewandt wurde. Damit hat man dasselbe(!) Problem, wie 1979 mit D&D nun eben 20, 25 Jahre später in der „post-apokalyptischen“ Welt von DeGenesis: man lasse die Apoka-Sims loslaufen und nach nur wenig Rechenzeit sind alle tot. Dann – ja, dann! – kann man WIRKLICH post-apokalyptische Rollenspiele dort ansiedeln, die auch funktionieren können. Z.B. Gammaworld. Oder Engel. Oder Endland. Oder …Ich bin bei DeGenesis vornehmlich an der so stark angehypten Spielwelt interessiert gewesen. Die Illustrationen und die Seitengestaltung sind für mich zweitrangig und sogar für den aktiven Spielgebrauch (wo man am Tisch mit 5 oder 6 fordernden Spielern schnell, SCHNELL etwas nachschlagen muss, was einem bei der Seitengestaltung von DeGenesis nicht gerade leicht gemacht wird – aber wozu gibt es Augenärzte?) eher umständlich und somit nachteilig. Zudem möchte ich beim Erwerb eines Rollenspiels ein Rollenspiel erhalten und kein Bilderbuch. Wenn ich Bilderbücher haben will – und bei manchen Zeichnern will ich das sogar – dann kaufe ich mir diese, ohne daß sie so tun müssen, als wären sie ein Rollenspiel.Tja, das war scheiße.Nun enttäuscht von der Spielwelt und abgelenkt von den wächsernen Apoka-Models wird einem dann ein Regelwerk serviert, welches beides noch unterbietet. Nach der Lektüre des Regelwerk-Kapitels habe ich sogleich daheim anrufen müssen um mein Leid zu klagen. Da liest man ein mit solch hohen Erwartungen angepriesenes Regelwerk und bekommt eines der unausgegorensten Systeme präsentiert, welches ich in laaaangen Rollenspielerjahren je zu lesen das Mißvergnügen hatte. Und das war doof.Und meine erste telefonische Kompakt-„Rezension“ zu DeGenesis direkt drahtlos aus der Neurologie war dann auch: „DeGenesis? Scheiße und Doof!“Es ist schon ein Jammer, wenn man sich so vom Hype einfangen läßt. Das hat mir viel über meine eigene Beeinflußbarkeit gezeigt. Und darüber, daß ich Bilderbücher lieber ohne Rollenspiel-Laientheater mag. Und darüber, daß man die ältesten und gröbsten Fehler beim Anlegen eines Rollenspiel-Settings seit ca. 30 Jahren beständig und ohne jeglichen erkennbaren Lerneffekt bei den Autoren immer wieder macht. Und darüber, daß es kein Problem ist solche Riesenlöcher mit ein wenig Rollenspiel drumrum abzuliefern, weil die (deutschen) Rollenspiel-Käufer augenscheinlich jeden doofen Scheiß kaufen und den auch noch gut finden. Jede Rollenspiel-Szene hat die Rollenspiele, die sie verdienen. In diesem Sinne: statt „Fräuleinwunder“ lieber „Deutschland sucht das Superrollenspiel“. Viel Spaß bis ans Ende der Endzeit. Ich werf‘ jetzt erstmal zwei Aspirin ein.

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