Singen ihre alten Lieder, bis die Welt vom Schlaf erwacht

Überall, seit dem unaufhaltsamen Siegeszug meiner erhellenden Gedanken, sprießen Pfiffikusse aus dem kargen Boden, und versuchen sich in Hofrat-Widerlegung. Ich erspare euch hier Pffifikuslinks, sie brächten dem Leser keinen Gewinn.
Nun, sei dem, wie es sei.

Aber die meisten Äußerungen zeugen von mangelndem Verständnis. Nein, nicht meiner ungeordneten Haßtiraden, sondern ganz grundsätzlich von mangelnder Medienkompetenz. Da wird es wohl mal nötig, zu scheiden:

– Berichtsjournalismus
– Meinungsjournalismus
– Wissenschaft
– Gesellschaftspolitik
– Diskussionsbeitrag
– Lehrbuch
– Artikel
– Glosse
etc. pp

Kurz: es gibt verschiedene Textarten, die verschieden aufgenommen werden müssen. Wenn ihr im Internet ein Blog verfolgt, dann ist dies kein Lehrbuch. Ihr werdet als keine vollständige Heilslehre entnehmen können, sondern Gedanken anderer Personen, ohne Lektorat, ohne Filter verfolgen. Niemand hat hier behauptet ein vollständiges Theoriegebäude zu errichten, so wie in einer Tageszeitung, in den Meinungsbeiträgen, auch keine vollständige Theorie entwickelt wir, z.B. zur Außenpolitik.

Am konkreten Fall wird Position bezogen, und wenn man die Zeitung kennt, weiß man auch bestimmte Dinge, von denen man ausgehen kann. So könnt ihr bei mir z.B. davon ausgehen, daß ich Spiele, die keinerlei zu lösende Aufgabe für die Spieler bereithalten, aus verschiedenen Gründen für schlecht halte (traurig, daß man das extra sagen muß, daß es solche „Spiele“ überhaupt gibt).

Es ist mir absolut unverständlich, wie immer wieder Personen auf die lustige Idee kommen, anmerken zu müssen, jeder müsse doch selber wissen, wie er Spaß hat. Schreibt ihr dann auch Leserbriefe, in denen steht, man solle sich bei der TAZ nicht so über die CSU aufregen? Die wurde ja gewählt, und viele Leute mögen die? Und jeder hat doch eine Meinung, da darf man nichts sagen.
Ich laste am liebsten dieses Fehl an politischer Reife der deutschen Sozialisation in Schule und Rundfunk an. Aber das ist ein Thema für sich.

Wir stellen also fest, daß es unglaublich verbreitet im Rollo-Internet ist, zentrale Punkte zu ignorieren:

  • Werte. Jeder hat implizit welche. Gut wenn man sie explizit aufführen kann, und sich ihrer bewußt ist.
  • Das Bewußtsein, daß Werte immer eine Entcheidung für die Höherwertigkeit des einen Guts gegenüber anderen Gütern darstellt. Also wenn ich sage, mir ist Umweltschutz wichtiger als billiger Strom, dann ist das eine knallharte Werteentscheidung.
  • Das Bewußtsein, daß andere Menschen, andere Werte haben können.
  • Die Erkenntnis, daß „gut“ und „schlecht“ nur auf bestimmte Wertekoordinaten bezogene Begriffe sind.
  • Werte, die man nicht als besser als die Werte anderer erachtet, keine Werte sind

Wir stellen also fest, daß man sich wenn, dann nur über die Werte unterhalten kann, nicht über die Schlußfolgerungen. Die Diskussion über die Schlußfolgerung bei (wenn auch oft nur für die Unterredung hergestellte) Wertegleichheit ist sozusagen die Binnendiskussion, und um die steht es nirgends wirklich schlecht.

Anstatt aber dieses Bewußtseins für die eigenen Werte, ja dieses buchstäblichen Selbstbewußtseins, herrscht anderes vor: diffuses Harmoniestreben, unausgesprochene Grundannahmen.

Und dies ist Gift für Spielrunden, wie für Rollo-Foren. Neutralität und Objektivität sind letzlich unerreichte Ideale, zu denen man sich in der Wissenschaft zwingen muß, was durch ritualisierte und codificierte Vorgänge geschieht. Aber bestimmt nicht im öffentlichen Leben. Denn Objektivität, gleichsam das „Richtige“ in der Politik, der Gesellschaft ist eine Chimäre, die von (deutschen) Romantikern und allerlei anderen von ihnen abstammenden Grüppchen geschaffen und/oder wiederbelebt wurde.

Ich verbitte mir also in Zukunft lächerliche Bemerkungen, die die Kernpunkte der jeweiligen Wertewelten vernachlässigen.

So nun ebenso oft mißgedeutet, das Abenteuerrollenspiel. Diese Bezeichnung ist nur insofern ein Spielstil, als daß es ein genetischer Begriff ist, der auf D&D zurückgeht. Aber schon früh schieden sich Runequest und the Fantasy Trip (->GURPS/Champions->etc.) ab, und bildeten ihre eigenen Traditionen. Himmelweit unterscheiden sich GURPS-Runden von Hackmasterrunden, doch sind es beide Abenteuerrollenspiele. Ja der Begriff ist riesig, umfaßt vieles, scheidet fast nur TRS ab. Aber zeigt deutlich, daß sich die deutsche DSA-Traditionslinie davon zu weit entfernt hat, um ihre Spielziele mit ihren hergebrachten ARS-Traditionen in Einklang zu bringen. Denn DSA ist grundauf vermurkst, weil keiner der Macher Rollenspiele, so wie sie gemeint waren, verstanden hat. Das hat nichts mehr mit bewußter Werteentscheidung und alles mit historischen Zufällen zu tun. Und also kann man deutschen Spielern, mehrheitlich durch DSA sozialisiert keine Werte unterstellen, nur weil sie irgendwas irgendwie spielen. Man kann nur spielen, was man kennt.

Oft sind die Werte aber angenommen worden, so daß viele „die Geschichte“ z.B. als höchsten Wert ansehen. Nun, da darf man dann angreifen, die Konsequenzen aufzeigen.

Geradezu Pflicht ist es, Werte, die man als schädlich erachtet, umzuwerfen, anzugreifen. Aber eben eingedenk der Umstände ihrer Entstehung.

Hier mag sich mancher fragen, wie ich mich über Fredi denn so aufregen konnte, er sagt ja nur seine Meinung, daß müßt ich doch begrüßen. Ja, seine Werte sind offengelegt, das ist gut. Aber, er verbindet Werte mit Persönlichkeitsmerkmalen. Und das ist so schädlich, niveaulos und falsch, wie wenn man alle Grünen-Wähler als langhaarige Bombenleger titulierte. Sicherlich, es existieren Milieus und Verschiebungen der Wahrscheinlichkeiten, aber letztlich kann man auf verschiedenen Wegen zu den selben Werten kommen.

Hier sei nochmal, gerade an Boba Fett die Frage gestattet, wann Fredi denn gebannt wird. Denn er ist ja nichtmehr höflich (geradezu beleidigender als ich es seinerzeit war, stolz darauf ist er auch), und nach Bobas eigener Definition also nicht mehr gemeinschaftstauglich. Genau dies wurde ja auch mehrfach von GroFaFo-Usern angemahnt. Ich warte gespannt auf den Bann, nach allem was ich über Bobas Werte weiß, muß er so handeln. Es sei denn, man sieht „Kameradschaft“ (= Usertreffenbonus) als den höheren Wert…

Wir stellen abschließend nochmal klärend fest, daß Spielstile innerhalb des weiten Feldes ARS unglaublich ausdifferenziert sind. Aber in Deutschland haben wir eben nicht die Option, diese wichtigen Binnendiskussionen zu führen, da die Mehrheit aus historischen Gründen außerhalb des Wertebezugssystems in dem die Spiele entstehen lebt. Vielleicht haben wir die Option, aber sie wäre ein Gespräch unter Wenigen, diese Wenigen können dann aber sogar besser in Anglophonen Foren agieren.

Die Bannmeldung, oder eine Wertediskussion bitte hierhin.

Ein Gedanke zu „Singen ihre alten Lieder, bis die Welt vom Schlaf erwacht

  1. „Werte. Jeder hat implizit welche. Gut wenn man sie explizit aufführen kann, und sich ihrer bewußt ist.““Und also kann man deutschen Spielern, mehrheitlich durch DSA sozialisiert keine Werte unterstellen, nur weil sie irgendwas irgendwie spielen. Man kann nur spielen, was man kennt.Oft sind die Werte aber angenommen worden, so daß viele „die Geschichte“ z.B. als höchsten Wert ansehen.“- 1of3Pfiffikus im 10. Kreis

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