And the flames went higher

Gestern gab es Dringlicheres, und heute wäre so ein wichtiger Beitrag wie der zum Hidden Shrine of Tamachoan verschwendet, keine Perlen vor die Sonntagssurfer.

Ein paar Impressionen von meiner Neuerwerbung zu €10: Burning Empires, mit Widmung vom Autor Luke „Ich bin was ganz besonderes“ Crane, und einem Stempel der mir sagt, daß es eins der ersten Examplare ist. €45 Hätte ich nie berappt dafür, aber so ist es eine Schnäppchen.

Format und Größe dürften augenscheinlich sein, 655 Seiten werden unter anderem durch große
Schrift, Abbildungen und Seitenränder erreicht, zuzüglich einer großen Geschwätzigkeit und dem Sendungsbewußtsein des Autors. In seiner un- nachahmlichen Art eifert Crane in der Ver-
kündung der richtigen Art zu spielen Gary Gygax nach, ohne aber dessen Erfolg, Belesenheit oder Sprachgewalt zu entwickeln. Peinliche Anbiederungen in Kumpelsprache werden unter gekünstelte Sätze und hochwichtige Traktate gemischt, es entsteht ein leicht hysterisch- prätentiöses Bild des Verfassers, daß durch seine Forenauftritte abgerundet wird. Aber ich bin ihm in gewisser Weise dankbar dafür, denn sonst wäre das Spiel unvollständig, ja unverständlich. Ohne eine abschließende Rezension sein zu wollen, kurzer Abriß gemäß meines derzeitigen Verständnisses:

Burning Empires soll dazu benutzt werden, gemeinsam einen Text zu produzieren und sofort zu konsumieren, der dem Erzählmodell des Comics: Iron Empires folgt. Im Kern ist es eine Megatraveller/Battletech-artige Menschenreichesammlung mit starker religiös-feudaler Note, nicht nur optisch auch in Anlehnung an 40k einzuordnen, wenngleich polierter, weniger faschistoid, weniger größenwahnsinnig und gewaltverherrlichend.
Diese Texterzeugung soll aber gleichzeitig starke Konfrontation zwischen Spielleiter und den Spielern bedeuten, alle sollen alles daran setzen, ihren Willen durchzusetzen, ihrer Seite den Sieg zu sichern. Dennoch gibt es stark konsensuelle Elemente, der Konflikt, der Planet als Schauplatz usw. werden nichtkonfrontativ ver(kuh)handelt. Aus diesem „Burning-“ Prozessen leiten sich dann Punktewerte ab, sozusagen die Trefferpunkte für den Gesamtkonflikt. Charaktere werden dann individuell nach Punkten zusammengekauft.
Hier wird zum ersten mal offenbar, daß die Craneschen Predigten unabdingbar sind: denn man solle eben keine optimalen Charaktere bauen, sondern abgerundete. Klarer Widerspruch zum vermeintlich konfrontativen Charakter des Spiels. Crane geht davon aus, und macht (leider nur verwinkelt und implizit) klar, daß es um gemeinsame „Story“ gehen soll. Natürlich kann das auch als Entschuldigung für ein, wie fast immer, unausgegoren-unausgewuchtetes Punktekaufsystem gelten.
Der Generalkonflikt ist in etwa eine Zombiegeschichte: Die Vaylen-Würmer versuchen die Menschheit zu unterwandern, dringen in Körper ein, kontrollieren diese. Es gibt pro Planet immer drei Phasen: Infiltration, Machtergreifung und bei Scheitern dieser die Invasion.
Der SL spielt üblicherweise die Vaylen. Es werden solange strategische Manöver durchgespielt, bis eine Seite ihre anfangs ermittelten Trefferpunkte verloren hat. Die Manöver werden gleichzeitig gewählt und sind eine aufgebohrte Schere-Stein-Papier-Mechanik, mit sieben Ausprägungen und gestatten einiges Taktieren. Letzendlich werden die Manöver mit einem Würfelwurf entschieden.
In der Zeit dazwischen spielt man auf bestimmte Art und Weise strukturierte Szenen durch, die sich mit den Charakteren der Spieler befassen. Egal wie diese ausgehen, der Hauptkonflikt bleibt davon unberührt. Aber es gibt noch Heldenpunkte, die einen überaus albernen Namen haben, den ich aus Protest unterschlage. Überhaupt ist wenig Klartext und ganz viel Iron Empires- sowie Forge- und auch Crane- Jargon im Fließtext enthalten.
Zurück zu den Heldenpunkten: Diese erhält man, meist vom Spielleiter, für „gutes“ Rollenspiel, vor allem, wenn man seine „Beliefs“, die man während des „Character-Burns“ festlegte, ausspielt und thematisiert. Diese Heldenpunkte kann man dann u.a. für Proben einsetzen, eben auch für die entscheidenden Manöver. Also ist es egal wie klug oder geschickt man die Szenen spielt, alles Wurst, hauptsache die thematischen knöpfe des SLs und der Mitspieler gedrückt. Da die Heldenpunkte recht wichtig sind, diese aber vor allem vom SL vergeben werden, kann man guten gewissens sagen, daß der konfrontative Teil eher der Dramatik, als wirklicher Konfrontation dient. Denn knallharte SLs würden diese wichtigen Punkte, wenn sie denn auf Sieg spielten, wie es fälschlicherweise angedeutet wird, einfach einbehalten.
Der ganze Heldenpunkte und „Belief“-Mechanismus macht ja deutlich, daß es um „kewle Geschichte“ und Bauchnabelschau geht.
Dennoch sind viele Subsysteme sehr interessant, und ich habe schon Ideen, wie man diesen „Belief“-Schrott für Menschen, die Grey’s Anatomy genauso hassen wie ich, ummünzt.
Alles in allem extrem gute Haptik, das Buch nimmt man gerne aus dem Regal; der Text ist durchwachsen, macht aber die Autorenitention größtenteils deutlich; viele neckische Subsysteme. Lediglich das gebrochene Versprechen von strategischem Rollenspiel und der hahnebüchene Fernsehjunkiegehirnwichspubertätsschrott mit den Individualbefindlichkeiten, die metaphorisch und dann ganz praktisch durch die Heldenpunkte den Konflikt beeinflussen, bricht dem Spiel das Genick.
Dennoch werde ich es ganz nach RAW und Crane-Intention spielleiten. Ich muß das in Aktion sehen. Auf dem BurgCon wird es soweit sein, womit die erste Runde feststeht. Ansonsten könnt ihr euch hier noch etwas anderes wünschen.

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