Selbstverständlichkeiten

Die natürlich keine sind, aber auf bestimmte Weise eben doch. Es geht um das Spielleitungsparadigma, um die Herangehensweise. Viele, wer weiß vielleicht die meisten Rollos spielen sehr wenige Systeme. mag sein, daß es es zuletzt nur eines ist, daß sie wirklich gerne, oft und gut leiten. Ich glaube nicht wirklich an Spielstile als Ergebnis irgendeines Gruppenvertrage. Ich glaube an verhandelte Modifikation der Spielleitervision, letzlich kann ein Leiter aber nicht aus seiner Haut, und er wird im unreflektierten Normalbetrieb eben Entscheidungen so fällen, wie er es für selbstverständlich hält. Und das geschieht eben in vereinfachter Form auf drei verschiedenen paradigmen, den ARS-Säulen fußend. So sei der Einfach halt unterstellt, ein Leiter leitet nur Rolemaster. Er hat einen Grund, und zwar den, daß er bei Rolemaster Modelle findet, die das für ihn Relevante abbilden, und gleichzeitig in der ihm genehmen Form. Also, in diesem Falle, daß Dinge so geregelt werden, daß sie im guten Einklang mit der kontinuierlichen Vorstellungswelt des Leiters einhergehen. Sprich: Das Runequest Paradigma. Die Regeln gestatten und verbieten einem Dinge gemäß eines Extern zu suchenden Realismusleitbildes. So muß man z.B. für Zauber würfeln, ob man diese schafft. Es gibt keine Stufen, denn diese werden als „unrealistisch“ bezeichnet. Es gibt verschiedene Waffenklassen, denn Morgenstern und Hellebarde führt man ganz unterchiedlich und es scheint plausibel, daß sie sich anders auf Rüstungen auswirken. Dabei ist es egal, ob eine Waffe dann einer anderen in allen Punkten vorzuziehen ist, oder nicht, solange es dem externen Realismusgedanken genüge tut. Diese Systeme sind fast ausnahmslos fertigkeitsbasiert, will heißen, das gelernte ist wichtiger als das Angeborene, ebenso kann jeder alles lernen, so er denn die Zeit und Mühe dafür aufwendet. Ebenso klar dem Realismusgedanken geschuldet.
Die ganzen Regeln, werden also ganz selbstverständlich diesem Gedanken unterworfen, und es ist für Leiter solcher Systeme auch ausgesprochen schlechtes Design, wenn es künstliche Beschränkungen gibt, die nur aus Balancegründen getätigt werden.
Habe ich nun aber ein Spielsystem, das zuerst mechanisch ausgewogen und dann in spielerischer Weise mit der Realität verbunden wird (D&D), dann muß jedem klar sein, daß von ganz anderen Traditionen und Denkweisen gesprochen wird. Wenn nun also Regeln daraufhin betrachtet werden, ob sie tun, was sie sollen, dann muß dieser Kontext berücksichtigt werden. Bei D&D definieren die Künstlichkeiten der Regeln die Spielwelt, bei Runequest definiert die Spielwelt mit ihrem externen Realismusgedanken die Regeln. Deswegen darf man diese Regeln beim RQ-Ansatz eben auch modifizieren. Nun kann man sagen: Es ist viel Zeit vergangen, D&D ist ausgewogener Geworden, nun sollen die RQ-Derivate eben realistischer werden.
Aber das gibt es ja alles: Harnmaster, Millennium’s End, etc.
All dies existiert und wird genutzt, von denen, die es wirklich darauf anlegen.
Aber, es gibt genug, und ich wage zu behaupten sehr viele, Leute, die die Komplexität nicht nennenswert über RQ heben wollen, und dennoch nach den externen Vorstellungen spielen wollen können. So sagte Kairos irgendwann mal, er schätze D&D und D20, aber daß jeder seinen Angriffsbonus erhöht durch das Aufsteigen, daß sei ihm nichts. Klarer Fall von RQ-Paradigma: die Glaubwürdigkeit bestimmt die Regeln, nicht der Ausgewogenheitsgedanke die Regeln. Wenn also nun die Scharen von externRealos spielen möchten, dann ist ihnen ganz nach Gödel klar, daß sie die erdachte Realität nicht vollständig abbilden wollen, ja je nach Gusto auf harte Regeln verzichten. Und so erklärt sich die übergroße Beliebtheit der Systeme, die nach dem „Roll and Reason“ funktionieren. Unterscheiden tun sie sich vor allem in der Charaktererschaffung, im Spiel selbst würfelt man gegen die Spielleiterzielzahl, und gut. Modifikatoren werden ad-hoc auf Basis der Realitätsbedürfnisse und der beispielhaft enthaltenen M. zugewiesen.

Es ist auf der Forge schon immer um eine subsubsubkulturell verbrämte Autorenschaft gegangen. Sei cool, sei ein Indieautor. Deswegen war es nötig, den Regeltext in ihrer Propaganda-analytik zum Gott zu machen, und somit den Nutzer zu entmündigen. Das mag alles auch positiv sein, wenn man unbedingt Spiele entwickeln will. Noch nützlicher ist es als Gehirnwäsche gewesen, die Leiter, welche an Systemen Spaß hatten, davon zu überzeugen, das sie andere Produkte bräuchten. Zufällig kann man gleich vor Ort Ablaß kaufen, wie praktisch.

Aber zum Verständnis des Hobbys trägt es einfach nicht bei. Denn spielt mein MW Leiter falsch? Zweiwehsechs, roll & reason?
Wer hat richtiger Star Wars geleitet: Frank „roll & tell“ oder ich „roll & shout“? War ein Spaß schlechter als der andere?

Nein. Da funktioniert etwas, trotz wilder Propaganda. Und es funktioniert Millionenfach. So wie Fertigkeiten bei D&D 25 Jahre lang ohne Regeln auskamen (zugegeben selbst für mich waren das objektiv schlechte Regeln mit den NWPs ). Aber es ging. Und es ging gut.
Wer das verstanden hat, weiß, warum Universalregeln als Produkt immer scheitern. Denn es geht fast nie um Regeln, wenn entschieden wird, ein System zu leiten. Es geht um popkulturelle Impulse, und um Auslegungskerne und um Realismus und um Loyalitäten und um Relevanzkerne. Ja, alles zugleich, durch- und übereinander. Widersprüchlich. Realität eben.
Verschärfend kommt hinzu, daß die meisten Universalregeln eben nur eine farblose Charaktererschaffung und ein „roll and reason“ Mechanismüschen anbieten. Zuwenig, denn das kann ja eh schon jedes RQ-Derivat.
Es gab ja eine Zeit, in der hieß: „Ich schreibe ein Rollenspiel zu [popkulturelles Phänomen]“, daß man eine Charaktererschaffung und ein roll & reason System koppelte mit einer einigermaßen passenden Einbettung phänotypischer Elemente. Erfolg und Mißerfolg werden dann über die Einbettung gemessen, also inwiefern der Schaden des Phasers dem gedachten Schaden eines Phasers entspricht. Nicht ob man die Genre-Konventionen einhält. Denn dann ist die Immersion schon lange im Arsch, wenn man sich bewußt macht, daß bei Star Trek eher Plotpunkte für Technobabble geben müßte als Fertigkeiten in Plasmapositronik. Keiner [außer ein paar gelangweilte Gehirngewaschene] will ein Genre emulieren, dafür wollen Millionen im Star Trek Universum, so wie es sich in ihrem Inneren darstellt, leben. Oder eben mal dahin verreisen. Und zwar in einem Raumschiff und wie Kirk, nicht zu einem Spanholzset und zu William Shatner.

Und die Mehrzahl der Spielleiter und Spieler hatte bislang kein Problem wegen fehlender Modifikatoren in einem System, wo jeder ein Blättchen mit Fertigkeiten und sonst nicht viel vor sich hatte. Wer anderes behauptet betreibt, oder ist Propaganda erlegen. Oder er kennt es garnicht.

Professionalität in Produkten einfordern ist eines. Das Hobby wie es am Tische läuft, etwas anderes.

Zum O.R.K.