Mongoose Traveller Probespiel

Erinnert ihr euch noch an UFO: Enemy Unknown? Tolles Spiel, nicht war. Erinnert ihr euch auch noch daran, was ihr daran gehaßt habt?

So begab es sich also, daß man sich nach mehreren Fährnissen zusammenfand, um die neuen Traveller Regeln auszuprobieren. Mehrere vorhergehende Versuche waren gescheitert, der letzte daran, daß jemand die Idee hatte, Alfred’s Punsch-Geheimrezept mal auszuprobieren. Schnell (Genaugenommen sogar unglaublch schnell, probiert den Punsch mal selber.) war da die Spielerschaft beschwingter als für neue Regeln günstig.

Aber wie dem auch sei, zwischen all die Kampagnen fügte sich also (endlich) ein kleiner Spieltest, anwesend waren ein Classic Traveller-Veteran, der auch schonmal einen Charakter mit Verwaltung-1 als einziger Fertigkeit in einer Kampagne gespielt hat. Hinzu gesellten sich zwei Spieler ohne größere Traveller Erfahrung.

création des personnages:

Ein alter Vorteil wurde schnell offenbar, man muß nicht viel erklären. Das Spiel im Traveller Universum beginnt sofort, man muß niemandem erst die Regeln erklären, bevor er eine Personnage erschaffen kann. Schnell fügten sich die Würfelwürfe zu einem lebendigen Konzept, die Härten des Lebens in der Zukunft wurden schnell offenbar, und die Spielerfiguren schnell an den Rand der Gesellschaft gedrückt. Viele Fertigketien auf Stufe 0 und ganz wenige echte Fertigkeiten erwarben die meisten in diesem Schritt. Nach ein paar erklärenden Worten konnten sich die Spieler schnell damit anfreunden.
Dann kam die Verbindungsregel: jeder darf zwei Fertigkeiten zusätzlich bekommen, wenn er eine Verbindung zu einem anderen Charakter herbeiredete.

„Was?! Ich brauche also vier geschlagene Jahre, um Rettungssanitäter zu werden, und jetzt bekomme ich Diplom, Doktor und Chirurgenlizenz umsonst, NUR WEIL ICH JEMANDEN KENNE?!“

Genau, aber es wurde noch besser. Nachdem wir uns alle damit abgefunden hatten, begann der wahre Spaß: Nochmal bekam jeder Fertigkeiten aus dem Abenteuerpaket. Man würfelt also ganz erbsenzählerisch eine Viertelstunde rum, nur um danach die Würfelei durch die großzügige Fertigkeitsverschenkungen binnen einer Minute vollkommen zu entwerten. Naja. Diese beiden Regeln fliegen mit sofortiger Wirkung ersatzlos raus, totaler Pippifax. Und das sahen alle Teilnehmer so, auch die D&D 3.5 Tamagotchi-Fraktion.

Ebenso ist die Inflation der 0er- Fertigkeiten kontraproduktiv: tatsächlich kann dadurch jeder weniger. Denn durch die genaue Buchführung über 0er-Fertigkeiten kann es keine ad-hoc Würfe auf quasi 0er-Fertigkeiten mehr geben. Siehe auch dazu das Problem der Diebesfertigkeiten bei AD&D: wie viele Leute behaupten und denken immer noch, NUR Diebe könnten schleichen? Aber das ist auch schnell geändert, bzw. kann man das im Spiel selbst bedenken.

Das Spiel

Gespielt wurde eines der wunderschönen Kurzabenteuer von den Keith-Brüdern: Night of Conquest (deutsch: Nacht der Entscheidung), bei dem eine Gruppe Händler in eine Invasion gerät. Die ersten paar Spielminuten funktionierte das neue Würfelsystem gut: Attributsboni und -mali in D20-Weise + Fertigkeitswert + 2W6 = Zahl. Soweit, so gut.
Bis dahin gab es noch keine detaillierten Würfe, mit der Unterteilung von Timing/Effect.

Dann kamen die Invasoren, und die Spielergruppe wollte aus dem Palast Richtung Bootsanlegestelle fliehen. An einer Stelle wurde es dann kritisch: konnten sich die Charaktere verstecken, bevor die ihnen entgegenkommenden Feinde sie entdecken?
Hier hielt ich die Zeit gekommen für Timing/Effect Unterscheidungen.

Und es nahm seinen lauf. Denn die Begegnung mit der Spielrealätät zernichtete den Schlaumeier-Würfelmechanismus in Millisekunden. Die Idee, zwischen Geschwindigkeit und Güte zu wählen, ist ja ganz nett. Aber das kann man ja immer ansagen.
Wenn man es aber mit Timing/Effect macht, dann muß man auch in Kampfrunden spielen, um die Veränderung der „Ticks“, des Initiativwertes auch wirklich klarmachen zu können.

Und so mußte nun jede Furzaktion in das hochauflösende Korsett der Zwei-Sekunden Kampfrunde eingepaßt werden, es wurden Würfe für dei unglaublichsten Sachen gemacht, da sie ja alle Zeit kosteten, und somit ein Timing/Effect-Paar nötig wurde. Das hielt auf.

Schlimmer war dann aber der eigentliche Kampf, von Zeitlupe mag man garnicht mehr sprechen: für einen absoluten popelkampf benötigten wir eine Stunde. Warum? Weil in einer Kampfrunde nicht viel passiert, man aber immer allle Schritte durchgehen muß. Dazu kommt, daß (fast) immer wenn man etwas gemacht hat, die Initiative in den Keller geht, und man doof rumsteht. Das wirkt dann garnicht mehr nach Action, sondern nach: „Ich mach diese Runde nichts.“, „Ich warte“, usw.

Dazu kommt, daß sozusagen das Schlechteste aus allen Welten hier zusammenkommt: Man ist unregelmäßig dran kann unterschiedlich viel machen, aber dennoch sind die mit hoher geschicklichkeit IMMER schneller. Das dreifache Frustpaket vereint aus fester Ini und wechslender Ini erweitert um die Erbsenzählerei eines Aktionspunktesystems. Aber ohne den Vorteil von Aktionspunkten: Ich bin Herr dieser Punkte, die darf ich einsetzen, wie ich will.

Denn immer wenn man etwas macht, dann bestimmt ja der Timing-Würfel, wohin mein Initiativwert geht. Dazu kommt, daß man sehr darauf fixiert ist, endlich mal dranzukommen, so daß viel, viel mehr das Würfeltickinisystem gespielt, als ein Kampf erlebt wird. Das Schneckentempo tut sein übriges, um die vebrindung zum fiktiven Geschehen zu kappen. Ich hatte Zeit Photos zu machen, staunt über die sich in 50 Minuten entwickelnde Dynamik!

15:05 Uhr
Drei Personnagen verstecken, sich, um in den Palastgarten zu gelangen. Die Türwachen müssen aber wohl oder übel überwältigt werden.


15:23 Uhr
Ein Spieler entschließt sich, durch eine Seitentür zu fliehen, beobachten sie, wozu es führt, wenn man pro Runde maximal drei Felder weit gehen darf.


15:23 Uhr
Der Ringkampf-Schildbürgerstreich aus der Kavaliersperspektive. Wenn einer Ringt, verändert sich das Timing beider Teilnehmer. Extrem frustrierend, wenn man sich gerade auf die magische „6“ hochgearbeitet hat, nur damit ein anderer vorher einen Ringkampf macht, und sich die Ini wieder in den Keller begibt.


15:39 Uhr
Gefühlte Stunden später. Der Ringkampf-Zirkus nun mit mehr Teilnehmern, der einsam Flüchtende, nach weiteren vier-fünf Runden. Man beachte, wie einer der Spieler immer wieder seinen Gleiter einfach auf die Spielfläche gelegt hat, um Beschleunigungs und Fluchtgedanken auszudrücken. „Muß der Gleiter nicht schon hier sein, ich habe ihn vor einer halben Stunde gerufen!“


15:49 Uhr Zwar sieht alles schlecht aus, beide Spielercharaktere am Boden, doch die Wächter haben sich verausgabt: ihre niedrige Ini nutzen die Spieler aus. Der Gleiter wurde dezent wieder platziert, nachdem ich ihn schon wegermahnt hatte. Der Flüchhtende flieht weiter.


16:02 Uhr
Die Wachen entwaffnet, eröffnete man nun das Feuer auf den fliehenden Wachmann. Man beachte wie lange rumgeballert wurde, bis er dann endlich zu Boden ging. Das war etwa vier Runden später.

Die Kleinteiligkeit, die Zufälligkeit des neuen Initiativsystems haben alle davon überzeugt ab diesem Zeitpunkt nach alten Traveller Regeln zu spielen. Die Personnagen waren ja voll kompatibel. Für Timing/Effect haben wir nie wieder die Zeit gefunden, dafür aber eine Menge Action und Spaß mit einem Keith-Abenteuer.
Zeppeline, Explosionen und Prügeleien [sic!] inklusive.

Genau. Mit popeligen Aktionspunktezahlen ganze Städte durchsuchen. Das war das nervige bei UFO. Und MongTrav SmartIni(TM) ist schlimmer…

Mongoose Traveller hat einen riesigen Vorteil: Man kann den Schmunzius weglassen. Aber im Kampf wird es schwer, denn der Schaden hängt am Effect-Würfel. In Kürze präsentiere ich euch Alternativregeln, wenn ihr mal keine Lust auf Schneckenkampf habt…

Zum Traveller-O.R.K.

7 Gedanken zu „Mongoose Traveller Probespiel

  1. Danke für die Aufschlussreiche Betrachtung. Allerdings sieht das gar nicht nach einem Spiel aus, das man kaufen sollte – oder lese ich da zu viel zwischen den Zeilen heraus?

  2. Nein, unbedingt (die deutsche Version) kaufen!Ich habe dezidiert mich mit dem murksigen Initiativregeln befaßt, der Rest ist Traveller, wie es ein muß.Ich bin sehr optimistisch, was das angeht. MongTrav ist ja kompatibel zu Classic und MegaTraveller. Insofern sind die Inititative-Ticks und die Sonderskillausschüttung ganz leicht ignorierbar. Mit der OGL dann auch ganz legal umschreibbar. Das wichtige sind ja die Charaktererschaffung, Planetenerzeugung, Raumkampf, Raumschiffbau, Handel usw. Und das sieht alles sehr gut aus, bzw. funktioniert.

  3. Na ja, ich weiß nicht.Doch. Eigentlich weiß ich es. Wenn man das Vergeigte (bloß die Kampfregeln und ein bisschen Drumherum) weg lässt, ist es also in Ordnung. Und was unverändert blieb, ist noch genau so gut wie früher. Ich bin entzückt!Jeder langjährige Rollenspieler sollte doch inzwischen meterweise entsprechendes Material im Regal stehen haben.Aber vielen Dank für den ausführlichen Artikel!

  4. [Einbauschrank]Warum sollte man die (gerade die) deutsche Version kaufen? Wie hajo sagt: Wenn man schon alle möglichen Regelsysteme im Schrank stehen hat und dazu evt. noch den alten Traveller-Hintergrund, dann lohnt sich das nicht so wahnsinnig.Neues Material ist neues Geld wert. Für altes Material und verkorkste Regeln habe ich schon in der Vergangenheit Geld bezahlt :)Wie „fühlen“ sich denn die erwürfelten Charaktere an? Mal abgesehen von dem Meta-Element des „Freebies für plausible erzählerei, woher man wen kennt“.

  5. Guter Artikel, Sett. Alle schein klär, aber, ich moechte mehr nicht Kamp Diskussion. Wie war das System von Waffen?Sorry for my rusty German, I don’t often write it…and it sounds much more grammatically correct when I speak it sloppily.

  6. Hallo zusammen,mich würden ein paar Detaifragen interessieren.Hat man sich jetzt endlich auf ein einheitliches Kampf- und Schadenssyste für alle Waffen geeinigt?Ist die Technologie angepaßt worden oder gibt es immer noch tonnenschwere Computer die nichts können?Wird wenigstens ein wenig Hintergrund mitgeliefert? Oder läuft es wieder auf eine Quellenbuchsammlung heraus?Gruß Jochen

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