Was mich an Cthulhu stört

Mich verbindet eine Haßliebe zu Cthulhu, die ich mal geistig durchdrungen und geordnet habe. Tausend Dinge stören mich, nicht zuletzt an der deutschen Ausgabe und seiner Kultur.

Doch der wesentliche Faktor ist das, was ich als „Große Lüge“ empfinde. Genaugenommen liegt der Fehler bei mir, da die Erwartungshaltung bei mir liegt. Was beinhaltete diese Erwartungshaltung?

Nun, ich bin es gewohnt, daß echte Kampagnen im Kerne das haben, was Marc Miller „wheels within wheels“ nennt: große Geheimnisse, evtl. Verschwörungen, Interdependenzen, Ablenkungen, aber dennoch etwas großes, das man aufdecken kann.

Und seit ich (u.a. mit Herrn P. aus der Magic Szene…) Cthulhu gespielt habe, erwartete ich, daß mit zunehmender Spielerfahrung der Mythos aufgedeckt werden kann. Daß Zusammenhänge, Geheimnisse, Verschwörungen dahinter stehen. Ein großes Ganzes, die schwerste Meta-Kampagne des Hobbys.

Aber Pustekuchen, der Mythos ist ein bißchen emo-Gewichse, und das war’s. Da ich aber felsenfest dachte, was ich eben dachte, las ich nie Lovecraft noch Petersen, um mir ja nichts zu verderben. Nun, 2005 hatte das bekanntlich ein Ende. Und ich mußte feststellen, daß Cthulhu banaler und langweiliger ist, weniger Gehimnisse bereithält und weniger schwierig ist, als die alten Greyhawk module. Tatsächllich ist „Forgotten Temple of Tharizdun“, härter, mysteriöser, abgründiger, philosophischer und verschwörerischer als alle CoC-Module zusammen. Und von den selbstgemachten Kampagnen (in jedem System), die ich als Spieler erlebt habe, ganz zu schweigen.

Somit ist für mich der wahre, nihilistische Cthulhoide Horror:

Die Tatsache, daß Intellektuelle das Cthulhu-RSP abfeieren, obwohl nichts dahinter steckt. Die tatsache, daß geistig gesunde Menschen, IMMER WIEDER das „erste mal“ durchspielen. Denn besser wird es nicht: Nichts dahinter, des Kaisers neue Kleider. Und das Volk jubilierte.

Also, Kinder: Die meisten von euch haben wohl nie eine echte Rollenspielkampagne erlebt. Traurig. Schmeißt eure Bücher weg, und schreibt etwas eigenes. Es kann nur besser werden. Denn die Möglichkeiten sind Legion, Unknown Armies weist den Weg, auch und gerade für euch Stimmungsspieler und WoD-Opfer.

Zum O.R.K.

6 Gedanken zu „Was mich an Cthulhu stört

  1. UA hat aber auch nur Verschwörungen zum Selberbasteln. Von vernünftigen „wheels within wheels“ zum entdecken keine Spur.

  2. Naja – ich finde, dass hinter Cthullhu selbst nicht besonders viel steckt. Meine Rollenspielwelt war so lange in Ordnung, bis ich Mountains of Madness gelesen habe. Danach war „der Mythos“ für mich tot.Neil Gaiman hat es mit seiner Geschiche „Shogoth’s Old Peculiar“ ganz gut getroffen.

  3. Kann man sehen wie man will. Aber der Hofrat hat recht. Cthulhu wird auf die Dauer nicht besser, sondern langweiliger. Mag es an der Deutschtümmelei liegen die der Redaktion so am Herz liegt. Ich weiß es nicht und will es auch nicht wissen. Meine Zeit mit Lovecraft und Co ist zum Glück, endlich vorbei.

  4. Anständige wheels within wheels sind selbstverständlich ganz großes Kino. Aber ohne Hirn und Vorbereitung von /allen/ Beteiligten rollen die IMHO kaum.Die ursprüngliche hofratsche Erwartungshaltung in dieser Hinsicht kann doch aber kaum einem Reality Check standhalten, scheint mir… wäre Lovecraft eine wundergroße Leuchte auf dem WwW-Feld gewesen, hätte er womöglich doch weniger lange auf dem Schundhaufen geschmort; aber er war’s halt net, sondern eher sowas wie „Blair Witch“ in Textform… kann einem gefallen, muss aber net. Von C., als nem Verlag, der englische Texte durch den Babelfish jagt, um sie dann als „französischen Zeitungsartikel“ abzudrucken, würde ich eigentlich… neee, oder? Nee. Wer aus solchen Vorlagen noch hochkarätiges Gold machen könnte, hätte wohl den Stein der Weisen gefunden und sich mit diesem schon längst auf die Bahamas abgesetzt… weiter sag ich da jetzt nix, da meine Neutralität zumindest angezweifelt werden kann. Was die Deutschtümelei angeht… das würde ich als Lokalisierung betrachten, und insofern als logisch zusammenhängend mit dem Vorsatz der Historizität (zwecks dichten Hintergrunds). Die Autoren sind zwar [meines Wissens] nicht aus der Zeit, von der sie i.a. schreiben, aber durch kulturelle Anbindung doch näher dran, als wenn sie über ein Amerika schrieben, das nie existierte, nur in ihren (und unseren – kontinentaleuropäischen!) Köpfen. So wie ich auch von Amerikanern keine glaubhaften deutschen oder auch nur europäischen Geschichten erwarte. (Siehe Orientexpress.)[Wobei selbst das innerdeutsche Schreiben seine Tücken hat… ich kenn Leute in Ulm, die würden zu gerne mal ein Wörtchen mit dem Menschen reden, der das zweite Abenteuer im Ulm-Band schrieb…](Freilich hat Lokalisierung auch den Nachteil, dass Leute mit ähnlichen sprachlichen Empfindlichkeiten wie der Hofrat oder ich ihrem latenten Elitismus nicht mehr in voller Breite frönen können – „Kiep-on sä schäddofell“ ist wohl Hinweis genug… ;) )Zurück zu den Wheels-within-wheels: das funktioniert (denke ich) im Normalfall nur wenn der GM/SL/Ref Zeit und Lust hat, sich selber bewusst dahinter zu klemmen. Ausm gekauften Szenario undoder Kampagnenpack… neeee, nicht wirklich. Hat man das ganze nicht so verinnerlicht, als hätte man es sich selber ausgedacht, isses (wieder mal in meiner Erfahrung – learning by doing) viel zu einfach, in einem unbedachten Augenblick irgendwo ne Schraube oder was fallen zu lassen, und dann klemmt das ganze Ding und passt vorn & hinten nicht mehr recht… Dark Conspiracy versuchte zwar, den Leuten nen Hintergrund an die Hand zu geben, mit dem jeder ohne große Schwierigkeiten eigene Teilbereiche eines mythosähnlichen Konstrukts entwickeln konnte, aber… hat das geklappt? Wo ist das hin?(Mein Zynismus verbietet mir, für subtile, hintergründige, tiefgängige Produkte nennenswerte Marktchancen zu erwarten… das hatte schon seinen Grund, warum es damals ein RQ-Trollpak gab und kein Elfpak.)

  5. Wie so viele andere Systeme mit ihrem Fluff, bietet auch Cthulhu nur eine Idee, eine Vorstellung von etwas mit Ansätzen zu was Großem, das hinter allem steckt.Ich empfinde es eher als eine wohltat, da es mir selber mehr Freiheiten gibt, das Große das dahinter steckt, selbst zu gestalten.So wie es bei jedem System seien sollte.Was bringt mir ein System wo ich mir was zurecht lege, das dann aber nicht klappt, weil es im Widerspruch mit dem bereits vorhandenen Fluff steht.Ich sehe das nicht als Problem des Systems sondern der Spieler/Spielleiter.Weiterhin frohes Spielen.

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