Lem-Lem-Herbertasticum

Traveller ist eine der ehrlichsten Herangehensweisen an Science-Fiction die es, nicht nur im Rollenspiel gibt.

Und man muß sagen, die beste. Denn wie Stanislaw Lem z. B. in „Die Stimme des Herrn“ anmerkt, sind die meisten Dinge aus der Ecke Science-Fiction einfache Weltraumabenteuer, die das Bekannte ein wenig schmücken, aber zur phantasielosen Erfüllung von Erwartungen nutzen. Nun, diese Kritik ist gerade in diesem Buch durchaus ironisch, weil es ja selbst eigentlich nur ein Campusroman ist, der einen besonders (geistig) bemuskelten Protagonisten, eine bekannte Situation (Wissenschaftsbetrieb) in Überlebensgröße darstellt.
Wo ein Texaner-Landei seine Kritik an den Ostküstenstädtern überlebensgroß als Konflikt zwischen Barbaren und Zivilisation, und mit einem alleskönnenden Muskelmann als Protagonisten abfeiert, da ist was Lem macht kaum zu unterscheiden. Nur das Reflexionsniveau ist vieeeel höher. Nun mag Lem anderen ihre Dummheit vorwerfen, kozeptionell ist er ähnlich „phantasielos“, wie er es anderen unterstellt.

Phantasie, bzw. Kreativität sind relativ zum Niveau, und mithin zum Anspruch. Manchmal brauch man auch einen anderen Zugang um rohe Kreativität wertzuschätzen, Arduin Grimoire und seine Rezeption sei plakatives Beispiel.

Da also, wie man aus konsequenter Verfolgung anderer Gedanken aus „Der Stimme des Herrn“ zum Thema kultureller Betriebsblindheit gut nachvollziehen kann, Science-Fiction sowieso immer nur um Bekanntes in außergewöhnlichen, unwahrscheinlichen Situationen handeln kann, sind konservative Zukunftsentwürfe ehrlicher.

Transhumanismus und andere Dinge sind im Übrigen pure Nachbeben religiöser Vorstellungen aus dem jeweiligen „kollektiven“ Unterbewußtsein. So wie Atomkraftgegner in Deutschland oder noch deutlicher die Mehrzahl der Klimawarner ganz primitive Sünde-Strafe-Sintflut-Erbschuld- Denker sind.

Ebenso sind postapokalyptische Visionen durchsichtige Reflexe, jeweils gefärbt in der Farbe der Restreligion der Verfasser. Oder eben kryptofaschistische Phantasien. Das sind sogar recht unmarkige Worte, über die Postapokalypse in den Medien ist viel geschrieben, geforscht und rezensiert worden, mit weitaus schlimmeren Worten wird da fröhlich eingedroschen.

Wir kommen also vom Menschen und unserer Kultur nicht weg, Science-Fiction ist also immer ein Spiegel, Zerrspiegel. Wie gut der Spiegel funktioniert, hängt volkommen vom Niveaugradienten von Verfasser und Leser ab. Star Wars ist z. B. einer solcher Spiegel, auf denen großflächig etwas abgebildet ist, mir fielen jetzt diese Cola-Werbespiegel ein.

Und also ist Traveller das ehrlichste und fruchtbarste Gerüst für echte Science Fiction: komplexe Menscheiten [sic], getrennt durch Raum und Zeit, hunderttausende unterschiedliche Gesellschaftsformen, Technologien bis in Clarkesche Magiebereiche, aber ein Rahmenimperium (explizit oder implizit), in dem sich ein heutiger Mensch vorstellen könnte zu leben.

Der Pluralismus von Traveller macht das Spiel so unglaublich wendig und anpassungsfähig. Anders als bei fast allen anderen Großhintergründen, ist das potentielle Niveau nach oben hin offen, selbst ein paar WIRKLICH durchdachte Aliens literarischer Qualität sind dabei, die so gut gemacht sind, daß sie einem fremd vorkommen; eine Leistung die sonst nur 2300AD erreichte.

Wie klein und abgeschmackt sind da Popelentwürfe wie Engel oder Transhuman Space? Wie durchsichtig Space Gothic [Tangente: das ganze Space Gothic Zeug taugte bei mir um einen Subsektor zu befüllen. Aber NUR in diesen paar Welten und vier witzigen Ideen rumwühlen? Ein wenig erbärmlich.]

Ach ja, und für Weltraumschießgeschichten ist auch alles dabei.

Zum O.R.K.

11 Gedanken zu „Lem-Lem-Herbertasticum

  1. Zustimmung zu den Lobreden auf Traveller, jenem Rollenspiel, das die Größe des Weltraums, die Größe der Ideen und der Phantasie kongenial miteinander verbindet. Wie kleingeistig wirken da im Vergleich des Hofrats politisch-kindische Selbstoffenbarungen, seine allodoxaphobischen Reflexe und die generelle Unfähigkeit, politische Diskurse als solche zu begreifen – ganz gleich, ob es um die Apokalypse als kulturelles Artefakt oder um die Atomkraft geht. Ein Weltbild, enger, als es Space Gothic je sein könnte.

  2. Was für ein geistiger Käse-Artikel, der zudem noch ein so grobes Mißverstehen der Thematiken offenbart, dass es schmerzt. Settembrini, tu das nie, nie wieder!

  3. I. was heißt allodoxaphobisch ???II. Was findet Ihr denn so schlimm an dem Text?Grüßekirilow

  4. Haha!Da haben unsere anons und Juso-Garretts wieder die Vögel abgeschossen, ich befürchte wieder unter Nichtnachvollziehung der Gedankengänge.Wie Kompaßnadeln, die nach Süden zeigen.Nun ich empfehle denen die Lektüre der Stimme des Herrn, dann klärt sich manches auf.Ist sowieso ein gutes Buch, schadet nicht.

  5. Wenn Du immer das gleiche sagst, brauchst Du Dich nicht wundern, daß Du immer das gleiche zu höhren bekommst…

  6. „Ach was, Settembrini ist unfehlbar und hat immer recht – also volle Fahrt voraus!“, hieß es auf der Titanic.

  7. Nun, der Herr Lem hatte auch ein kleines Ego-Problem. Überspitzt ausgedrückt, gab es für ihn nur zwei gute SF-Autoren. PKD und ihn selbst…

  8. Ich bin schon mal au Eclipse Phase gespannt – Posthumanistische Space Opera klingt nach einer interessanten kombi…-IT

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