[PESA vs Donnerhaus] Interessante Figuren und innere Konflikte

Es gibt wohl in letzter Zeit kein anders Blog was oft so fundamental falsch liegt, wie das Donnerhaus Blog. Da werden in epischer Länge Plattitüden gedroschen, die die Autoren irgendwo aufgeschnappt haben. Den Realitätstest bestehen sie seltenst. Wo dies am Ärgsten auftritt, ist bei dem Zombie, dem Wiedergänger der Storygamer schlechthin, und der Ursache für 99% aller schlechten Medienprodukte, und zwar dem folgendem Irrglauben:

Wo kommt dramatisches Potenzial in Charakteren her? Klar, aus innerem Konflikt. (QUELLE)

Kurzen Antwort: Nein, nei-jen. Quatsch mit Soße.

In verschiedenen Abwandlungen rennen hunderte, tausende, hunderttausende durch ihr kurzes Leben und führen diese „Erkenntnis“ auf den Lippen. Wie albern sie damit aussehen beweist unsere Donnerhaus-Besatzung gleich in ihrem Anleitungstext zur Charaktererschaffung:

Als Charakterstudie empfehle ich Titus Pullo aus der TV-Serie „Rome“. Dieser Charakter treibt die Geschichte durch seine inneren Konflikte und regelmäßigen Fehler an. Trotzdem fühlt man sich ihm verbunden, und er bleibt stets irgendwie liebenswert.

Titus Pullo, das ist ein starkes Stück! Titus Pullo hat zunächst keinerlei inneren Konflikt. Er ist vielmehr ein in mehrtausendjähriger Tradition stehender Archetyp eines liebenswerten Tunichtsguts, gepaart mit großer Schlagkraft. Wenn jemand einen inneren Konflikt in der Serie hat, dann ja wohl Pullos Freund Vorenus. Hin und hergerissen ist dieser von stoischen Pflichten, seinem eigenen Wohl, der Loyalität gegenüber der Republik und der gegenüber Cäsar. Und diese Konflikte lebt er auch auf dem Bildschirm aus.
Man mag Pullo ja eben weil er nicht zweifelt, weil er in sich selber ruht, bzw. einfach nur ohne große Prinzipien seinen Launen folgt und dann im weitesten Sinne Abenteuer erlebt um sich mit seiner unverwechselbaren weil GLEICHBLEIBENDEN Art aus den Schlamasseln zu befreien.

Tatsächlich ist bei näherer Betrachtung fast immer das Gegenteil war: Innere Konflikte erzeugen keine Dramatik, sondern Genervtheit der Zuschauer. Die großen Figuren der Popkultur sind jene, die immer, immer, immer wieder das gleiche tun. Sherlock Holmes, Captain Kirk, Spock, Sheldon Cooper, Bud Spencer (Titus Pullo in unblutig), Felix Krull, Hans Castorp, Hong-Kong-Fui, River Song, Falstaff, Buffy, Homer Simpson, Ms. Marple, alle Superhelden, alle TV-Kommissare u.v.m., sie alle bestechen durch ewige Gleichheit, die aber so gestrickt ist, daß sie mit Abwandlungen ihrer Basisausstattung ihre Abenteuer bestehen.

Gerade wenn wir in die Nerdmedien gehen, wer sind die Fan-Favorites bei Herr der Ringe? Frodo? Mit einem im Buch wie Film episch ausgewalzten, innerem Konflikt? Oder doch eher der einfachere Samweis? Ist es Denethor, mit seinem giechisch-tragödienhaften Wahn? Oder Boromir? Oder eher Legolas & Gimli? Nun, wohl alles rhetorische Fragen. Es sind natürlich die einfachen, auf ewige Wiederholung und Treue zu sich selbst ausgestatteten Figuren, die die Herzen gewinnen.

Der einzige Grund, warum es, gerade in Krimiserien eine sogenannte Charakterentwicklung gibt, ist, damit die Serie ein Ende hat. Deswegen laufen dort die Veränderungen in Zeitlupe ab, ein Abweichen von nur einem Jota wird als Forendiskussionsstoff und Revolution abgefeiert.

Auch war selbst das Paradebeispiel für die Heldenreise, Luke Skywalker, niemals auch nur annähernd so beliebt wie Han Solo oder noch extremer Boba Fett. Selbst Stormtrooper hatten ihre Fans alleine wegen der Symbolwirkung, der Idee der abosluten Treue und Effektivität, die im Film genaugenommen nicht gezeigt, aber eben vermittelt wird. Ganz ohne Konflikt. Es ist genaugenommen eine sehr besondere Leistung, daß Luke Skywalkers Schwäche von den Fans doch oft genug als Stärke im Glauben und im Vertrauen auf das Gute verstanden wurde. Tatsächlich ist das Sympathischste an Luke ja eben der Kinderglauben an das Gute und die Machbarkeit, den Frodo oder Boromir so nicht haben. Die inneren Konfliktszenen waren schon immer diejenigen, die am meisten Spott über die Originalfilme brachten.

Schwäche und Unentschlossenheit sind Dinge, die bei den allermeisten Zuschauern Abneigung erzeugen, alleine schon weil diese das Publikum an eigene Inkonsequenz und Schwäche erinnert. Das mag als Vehikel für die conditio humana unabdingbar sein, aber es tut meist weh (wenn es gut gemacht ist) oder es ist albern und nervig (wenn es schlecht gemacht ist). Ganz basal gibt es da meiner Auffassung nach etwas ganz tief im Affenhirn, was uns an zurschau gestellten inneren Konflikten abstößt. Große Kunst ist es, das dann trotzdem zu thematisieren. Jedoch die Helden der Massenkultur, die Figuren, die wirklich Spaß machen und das Leben schön: daß sind die einfachen, sich selbst treuen Figuren.

Diese Aufgehobenheit des Zuschauers in den ewig gleichen Figurenensembles ist es ja, was den Schauspielern derselben großen Reichtum einbringt, weil der Wechsel nicht mehr möglich scheint. Wenn man sich die sog. breakout-characters anguckt, dann sieht man auch schnell, es sind die Few-Trick-Ponys, die sich die Herzen der Zuschauer und Leser erobern. Eine Pauly Paulette u.v.m. sind ganz bestimmt nicht durch innere Konflikte reich geworden.

Wer Euch also das nächste mal auffordert, innere Konflikte in Eure Werke und Personnagen einzubauen, lacht ihn aus: Milliarden von Menschen sehen es jeden Tag genau anders.

https://forum.rsp-blogs.de/index.php?topic=2607.0

Abt. Der Preuße reguliert: Das Querfront-Theorem

Ich las gerade wieder im D-H Blog und wunderte, wieviel man überhaupt über ein Thema wie Cross-Gender gaming reden kann. Ganz schnell geht es nicht mehr ums Spielen, sondern um Identifikation mit der Rolle, Homophobie-Vorwürfe und ganz viel anderen Kram, den ich mit Rollenspiel überhaupt nicht in Verbindung bringe. Auf die Idee, dass meine Personnagenwahl ganz viel in direkter Weise über den Spieler selbst aussagen würde und soll, bin ich bis gerade noch gar nicht gekommen*. Das zusammen mit der Shwadronage über „interessante Personnagen“ bringt mich zu folgendem Theorem  1:

Abseits aller Rollenspieltheorien und mehrdimensionalen Betrachtungen zu Teilnehmerpräferenzen gibt es einen großen Unterschied in der Sicht auf das Rollenspielhobby in der Dimension der Wichtigkeit der einzelnen Spielfigur. Dies scheidet Spieler, Spielleiter und ihre Erwartungen in figurenzentriert und abenteuerzentriert.

Lemma 1.1: Die Unterscheidung ist so massiv in der Praxisauswirkung, dass Sie sich stark einschränkend auf viele Ebenen auswirkt. Mit hart personnagenbezogenen Spielern ist eine mehrskalige, strategische Travellerkampagne sehr schwer umzusetzen. Egal ob sie jetzt Drama oder Action oder Poltikabenteuer wollen, die dauernden Perspektivwechsel und fehlende Möglichkeit einen Wahlcharakter zu erzeugen verwehren diesen Spielern den mental-emotionalen Zugang.

Lemma 1.2: Die Unterscheidung kann in jeder Spielform auftreten. Bsp.: Bei D&D-artigen sind die figurenzentrierten Spieler ggf. volkommen taktisch orientiert, aber eben mit ganz anderer Erwartungshaltung: Rost Monster sind nicht spannend oder witzig, sondern gemein, so wie non-level appropriate Encounters usw. usf.

Lemma 1.3: Die charakterzentriert Argumentierenden (ChArs) Bilden eine Anti-Gygax’sche und Kontertravelleristische Querfront über alle Spielstilgrenzen hinweg.

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* Das letzte Mal, daß ich so befremdet von einem Rollo-Argument war, war als mir Ron Edwards von seiner Erlebnis mit Palldium-Robotech erzählte, und wie Stolz er war, dass er eine Zentraedi-Personnage spielte, die schwul war. Er war fest überzeugt, damit die Robotech-Saga gelöst zu haben; und war sehr stolz darauf, daß danach das Abenteuer nur noch darum ging.

[PESA vs. Donnerhaus-Blog] Das Wiegen

In jüngster Zeit ist der PESA vermehrt das sog. Donnerhaus-Blog mit seinem Autor Tobias aufgefallen. Zunächst sei gesagt, daß wir die Einschätzung vom DonnerTobi teilen, daß die meisten zu wenig über das Medium in seiner Besonderheit nachdenken. Ebenso sind alle Arschloch-Detektoren (meine einzige zuverlässige Superkraft) ohne jeden Ausschlag geblieben. DonnerTob’n ist kein Böser und bestimmt voll guten Willens. Und dann scheiden sich aber schon die Wege:

In der Präambel sagt er, mit der Präzision von Katjuscha-Raketen:

Wer kennt das nicht? Man liest ein gutes Buch, genießt einen Film oder schaut eine Serie. Immer wieder denkt man sich: „Das könnte ich doch für meine Rollenspielkampagne übernehmen!“

Das ist schonmal sehr gut auf den Punkt gebracht, gleich zum Start der Beleg: hier wird auf Sand gebaut. So wie vor fast zwanzig Jahren ein junger Berliner den ich gut kannte bei einem echten Radio in einem echten Hauptstadtstudio gesagt hat, um zu erklären warum man Rollenspiele spielen sollte:

Wer kennt das nicht? Man liest ein gutes Buch, genießt einen Film oder schaut eine Serie. Immer wieder denkt man sich: „Das könnte ich doch viel besser, wie doof sind die Figuren in dem Film, geh nicht zur Tür, ich würde das anders machen!

Dem gibt es erstmal nichts hinzuzfügen. Die Ungleichartigkeit der Fundamente sei jedem zur Reflexion anheim gegeben.

Ich verweise noch kurz auf meine These, die Jagd nach Erstrezeptionerlebnissen ist in der Form ein Irrweg, DoT präambelt also schonmal so, daß er die These erfüllt.

So wie wir, die PESA-Presbyter der polternden Potenz (4P) das sehen, teilt DoTo sehr viele seiner objektiven wie subjektiven Verdunkelungen über unser Hobby mit der Mehrheit der Käuferschaft, so daß es geboten erscheint, eben jenen Verdunkelungen mit den Strahlen der Erkenntniss und Einsicht entgegenzutreten. In loser Folge also Korrekturen dazu.

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Gegensetzlichkeiten des szenenbasierten Rollenspiels

So, nun also zum eigentlichen Thema. Durch die abgrundtiefe Schlechtigkeit, die The Last Jedi darstellte, hat sich aus Trotz meine alte Star Wars Runde zusammengefunden. Da wir alle der Meinung waren, seit TLJ ist Star Wars tot, kamen wir aber auf den Gedanken: Nun UNSER Star Wars kann uns ja niemand nehmen! Und warum soll uns Gott, Kaiser oder Tribun erlösen? Nein, das können nur wir selber tun.

Wir konnten auch schon zweimal wieder spielen. Die Frage stellte sich mir, ob ich überhaupt noch so leiten könnte, wie früher. War man zu zynisch geworden? Geht das Regelsystem tatsächlich noch so gut, wie wir es in Erinnerung hatten? Konnte man einfach 90er Style weitermachen, ohne daß die zwanzig Jahre dazwischen unser aller Rollenspiel massiv verändert hätten?

Die gute Nachricht: Es ging. Nahezu nahtlos. Und es war wirklich wie früher, außer daß die Spieler klüger agiert haben. Was den Spielspaß schonmal hoch hat anfangen lassen.

Fragt sich die Frage, was das mit szenenbasierten Rollenspiel zu tun hat. Nun, wer meine Einlassungen der letzten 13 Jahre online mitverfolgt hat und nur vom Hörensagen kennt, der wird denken, daß mir alles cinematisch-filmisch künstliche zuwider ist. Daß nur härteste Simulation mit Karten und genauer Quantisierung zu höherem Rollenspiele gereichen können.

Aber so haben wir ja nie Star Wars gespielt. Nein Star Wars in den 90ern, das war hart anders. Oft mit nur minimaler Vorbereitung mußte ich mehrmals die Woche mit wechselnden Mitspielern Star Wars leiten. Damals war ich auch fettester Fan, von Verwandten aus Übersee bekam ich immer die neuesten Bücher von Bantam, kurz nach der Erscheinung. Damals Beutelsend und später Morgenwelt hatten die dann erst viel später. Und für die Jüngeren: Amazon und Ebay gab es nicht. An amerikanische Romane ranzukommen war nicht einfach. Somit war ich immer ein Jahr in Romanen den anderen Voraus. Und durch gutes Verhältnis zu Rollenspielladenbesitzern kam ich auch immer direkt zur Erscheinugnszeit and die WEG-Bücher ran (shout out an DiceTimo!). Diese strukturellen Vorteile habe ich mir aber eben aus Fandom erarbeitet, also solange gebettelt und gequengelt und gesucht bis sich Quellen aufgetan hatten.

Also habe ich einen Großteil meiner Freizeit mental im Star Wars Universum verbracht, nicht unähnlich wie es manche im Shadowrun-Universum taten, ich meine z. B. Blut und Glas war damals auch so unterwegs für SR in Tempelhof-Steglitz.

So also mußte ich aus dem Fundus von Lektüre und Spielen von X-Wing und TIE-Fighter immer wieder auf Zuruf leiten. Und das ging einigermaßen gut. Viele meiner engsten Freundschaften kommen aus dieser Zeit und diesen Runden. Als ich neulich zufällig wieder in Berlin war, und wir das als Anlaß nahmen, wieder Star Wars zu spielen,da war es den Umständen geschuldet auch so, daß ich viel weniger Vorbereitungszeit hatte, als gewünscht. Aber ich hatte mich gedanklich zwei Wochen lang eben wieder im Universum bewegt. Und so fiel mir dann nach der Runde auf, was ich eigentlich an dem Abend und zwanzig Jahre vorher immer wieder gemacht hatte: szenenbasiertes Rollenspiel. Aber mit Ad-hoc improvisierten, bzw. innerhalb von wenigen Minuten konstruierten Szenen. Was ist dann in dem Sinne eine Szene? Eine Idee für einen Star-Warsigen Schauplatz, eine Stimmung, Geräusche und Kameraeinstellungen. Dann eine Herausforderung, mit grob aber endlich und innerhalb des Universums erklärten Ressourcenmengen des Widerstands. Und dann etwas, was zum Handeln zwingt, bei Star Wars fast immer Zeitdruck. Aber all dieses als Ausfluß der gedanklichen Beschäftigung mit den großen Konflikten und Rätseln der Kampagne.

Und aus der Schilderung der Anfangssituation ergab und ergibt sich wieder die Interaktion, die Blasterschüsse und Würfel fliegen nur so, oft endet etwas in Explosionen oder Fluchten oder auch mal in einem sich hinziehenden Gefecht. Wenn ich das so leite, dann bin ich selber auch im Flowzustand, ich spiele tatsächlich mit, weil die Geschwindigkeit hoch genug ist, und ich nichts mehr groß verwalte. Die Verwaltung, die bei D&D oder Traveller einiges in Anspruch nimmt, fällt durch das grobe Szenengerüst weg. Meist reicht mir ein Schmierzettel, um die Gegnerressourcen zu verwalten oder eine kleine Sonderregel, die ich an die Situation angepaßt habe, um Fairness und Glaubwürdigkeit bei maximaler Geschwindigkeit zu gewährleisten. Nach 25 Jahren erlaube ich mir das mals selbstherrlich zu attestieren. Nicht zu vergessen die legendären Stormtrooperrunden auf Nexus-Cons mit 20 Mitspielern und sehr zufriedenen Spielern.

Soweit so gut. Toll Sache, sollten mehr SLs im Repertoire haben. Jedoch gab und gibt es eine große Merkwürdigkeit: Ich konnte nie viel mit den veröffentlichten Star Wars Abenteuern anfangen! Ja, ich habe 5 Jahre jede Woche geleitet, in den Ferien fast täglich, wir hatten 5 große Kampagnen, aber sehr, sehr selten nutzte ich vorgefertigte Abenteuer! Weil es für mich schwieriger war, die sehr starren Szenen und Szenenabfolgen aus diesen Modulen zu lesen und dann auch noch zu nutzen. Das heißt für mich im Umkehrschluß, das Szenen ein sehr, sehr mächtiges, vielseitiges und flexibles Werkzeug sind, aber daß sie alle ihre Vorteile verlieren, wenn man sie aufschreibt.
Will sagen, wenn man eine Szene sich überlegt und spielt und dann aufschreibt, dann hat man schon verloren. Und ich denke das ist was bei den WEG-Modulen ganz oft passiert ist. Und noch viel Schlimmer in den ganzen anderen Nuggett und szenebasierten Geschichten aus den 90ern. Ebenso ist die formelle Rahmenabsteckung von Szenen mir ganz und gar widerwärtig, wie sie in meta-rollenspielen und Storygames anzutreffen sind.

Was ist also eine organische Szene? Sie muß interessant sein und darf nichts vorwegnehmen! In dem Moment, wo bei uns eine Szene abgeschlossen war, gab es eben ein bißchen Verwaltung und Zwischensequenz ggf. ne Pause um die nächste Szene vorzubereiten. Aber dies eben aus dem Ergebnis unter Berücksichtigung aller Ereignisse und Aussagen. Das ist spielleiten. Das andere, was immmer wieder versucht wird, das Bewegen auf einem Entscheidungsbaum, zerstört aus meiner Sicht volkommen den Vorteil des szenenbasierten Rollenspiels. Auf einmal kann das Ergebnis einer ausgespielten Szene nicht mehr als volles Kontinuum intepretiert und dann in der nächsten Szene verarbeitet werden. Nein, schon beim Spielen muß der SL darauf achten, ob nun Verzweigung A oder Verzweigung B angesteuert wird. Und die Perlenschnurabenteuer aus den 90ern,. ohgottogott. Geradezu die Perversion der Szene.

Was macht denn die organische Szene so mächtig? Sie begrenzt. So wie ein Raum eines Dungeons Begegnungen sequenziert und begrenzt, so begrenzt die Szene räumlich und zeitlich. Wenn ich also jede Szene ad-hoc nach der anderen vorbereite, eingedenk aller Ereignisse, dann ist die Szene ein simulatives chunking. Wenn ich aber den Entscheidungsbaum, den Ablauf aller möglichen Szenen vorher vorbereite, dann ist das nur ein sehr primitives Dungeon, bei dem die Türen durch die Spieler aber gar nicht als Türen erkannt werden können. Und das ist dann schon sehr albern. So kann dasselbe Instrument zur totalen Spielerfreiheit oder zur totalen Gängelung benutzt werden. Und anders als beim Dungeon erhöht das Maß der konkreten Raum/Szene- Vorbereitung das Maß der Gängelung.

Zum Thread.

Fluchtpunkt Eskapistan oder die Erklärung Teil 5

Während der mäandrierenden Diskussion um szenenbasiertes Rollenspiel kamen als Nebenthema wieder die Storygamer vorbei und taten das  erwartbar Ihrige. Sei dem, wie es sei, es begab sich nun, daß mir etwas auffiel. Und zwar daß der gemeinsame Ort an dem wir uns befinden, dem Hobby Rollenspiel, der Fluchtpunkt Eskapistan aus mehreren Richtungen zugänglich ist. Gerade weil ich mitlerweile ja auch viele Spieler kennengelernt habe und durch die vorhergehenden Teile dieser losen Reihe auf meinen Grundirrtum der Gleichartigkeit der Lebensverhältnisse aufmerksam wurde, konnte ich ein altes Rätsel für mich lösen. Das Rätsel spukte in meinem Kopf als das Cyberpunk-Rätsel umher: In den 90ern spielten vor allem diejenigen gerne bei  Cyberpunk die bestialischen, durchgeknallten Gewaltrunner, die im behüteten Einfamilienhaus aufwuchsen. Cyberpunk, welches vielen in Sub-Szenen in West-Berlin viel populärer war als das als von vielen als kindischer Abklatsch empfundene Shadowrun, mochte ich selber immer als Herausforderung, weil es als besonders „hart“ galt. In dem Sinne, daß nur gewiefte und herausragende Spieler in dieser Welt bestehen konnten und die Abenteuer lösen könnten. Den ganzen „Punk“-Teil habe ich damals nicht kapiert, und das Gewaltpunk-Ding dann überhaupt nicht mehr. Nicht zuletzt auch wegen derer, die das machten, das kam mir nämlich irgendwie nicht authentisch vor.

Nun eben zu dem, was ich nun besser in Worte fassen kann als vorher: Zum Rollo-Hobby als gemeinsamem Treff- und Fluchtpunkt kann man auf zwei Wegen kommen: Aus einer Welt aus Scheiße, Chaos, Leid und Gewalt oder aus einer Welt der Enge und Langeweile.

Und genau deswegen hatte ich nie Interesse an irgendwelchen „edgy“ Inhalten im Rollenspiel. Oder an Verrat und böse Leute spielen. Warum sollte ich solchen Scheiß mit in den sicheren Fluchtpunkt nehmen?

Für die einen ist das Abenteuerspielhobby ein sicherer Zufluchtsort, in dem man mit Freunden gegen das Böse kämpft, um eben keinen edgy-real-life-shit mehr erleben oder durchführen zu müssen. Für andere ist die Runde Cyberpunk oder Shadworun oder My Life with Master das Krasseste und Verrückteste was sie in ihrem Leben so machen.

Daß da zwischen diesen beiden Gruppen massive Verständnisprobleme sind, ist dann wohl klar.

Natürlich ist das bei näherer Betrachtung etwas komplizierter, so wie zum Beispiel auch bei der Punk-Musik oder beim Straßenhiphop ist. So wie einige Storygames-Autoren oder Mike Pondsmith die echte Scheiße erlebt haben, so gibt es im HipHop und Punk krasse Typen die echt was erlebt haben als Kreative. Aber die Fans spalteten sich in diesen Musikrichtungen ja in windeseile in die, die auch denselben Shit erlebt haben, und für die das ganze eine Reise ins Exotische ist. Ich habe ein bißchen was über Punk gelesen, und da muß es in London zwischen 1976 und 77 schon mehrere Wellen von Fans gegeben haben, deren letzte Ausläufer die Originalszene massiv angepißt haben. Im Deutschrap kann ich das ebenfalls bestätigen, ein Faker wie Kollegah ist quasi das Shadowrun des Gangsterraps.

Ebenso gibt es eine alte Weisheit, nach der die echten Gangster sowieso privat lieber R&B hörten. Auch Bushido ist bekannt als WoW-ler und DSA-Spieler und hat Radio Paradiso im Auto eingespeichert. Andere, wie Blockmonsta fahren schon hart den Waffenfilm, auch als Runner, aber mit einer 80er-mäßigen, spätkindlichen Begeisterung. So wie wir Straßenkids halt uns am Tabakladenschaufenster die Nase plattgedrückt haben, wenn da Butterfly und Ninjasterne auslagen, die wir nachts davor bei American Ninja vor der Vorschule gesehen haben.

Wie also angedeutet gibt es viele Nuancen und Inversionen, die bei solchen Effekten auftreten können. Aber die Grundidee, daß die Auswanderung nach Eskapistan für die einen Sanktuarium und für die anderen der krasse Individualistenmove darstellt, die hat sehr viel erklärende Kraft.

Wenn ich also das nächste mal mit den Augen rolle, wenn ihr krass-edgy storymäßig unterwegs seid, dann seht es mir bitte nach. Es ist ja genug Platz in Eskapistan, auch wenn ihr für mich immer nur Touristen bleiben werdet. Denn für Leute wie mich ist Eskapistan viel, viel wichtiger als es für Euch jemals sein kann.

#7 gedroppt, vong Abnteuer. her

Endlich erhältlich das siebte Heft, und wie ich meine in besonderer Qualität! Enthalten sind vor allem OSR, ein wenig cinematisches Storygaming und als besondere Spezialität ein tightes Techno/Cyber-Thriller  Modul von Pyromancer. Reichlich Material für D&D und alle Abkömmlinge und Ahnen in Form zweier vollständiger Abenteuer, mit Downloadbaren Kartenmaterial und Handouts, Einsatzbereit auch für Roll20 und verwandte Plattformen. Im ersten geht es in einen Schneckentempel, da dort Schneckenwesen Menschen gekidnappt haben, um diese zur Befruchtung ihrer Königin heranzuzuziehen…ebenso ekelig wie herausfordernd. Im zweiten ein gratisrollenspieltaggetestetes AD&D-Modul für niedrigstufige Personnagen, in dem ein uralter Komplex der Spiegelmeister von Lynne (vgl. World of Greyhawk und Chroniken des Schwarzen Mondes) unter Zeitdruck erkundet wird. Viele Testspieler erlitten den Tod, um Euch dieses Spielvergnügen zu ermöglichen…

Weiterhin gibt es mit den Alten Wäldern eine Vortreffliche Mystara/Known World Setting-Miszelle, die vollen Gebrauch von der Kraft der OSR-Bloggerszene macht. Vom selben Autor ist enthalten das Uhrzeigersinnige Observatorium für Chthonic Codex am Crossoverpunkt von OSR und Storygaming.

Ganz handfest cinematisch geht es bei Record Scratch-Freeze Frame her, hier gibt es nahezu universell einzusetzende Leitungstechniken für alle nicht-D&D Spiele.

Viele waren seinerzeit von Zak Sabbath’s Die Drop Mechanismen begeistert, einige wollen schon lange was Eigenes mit der Idee machen, hier wurde es tatsächlich gemacht und getestet und ist nun für Euch zu erwerben: Ein zünftiges Die Drop-System um Ozeanreisen mit Segelschiffen spannend und abwechslungsreich in windeseile Vorzubereiten. Und zwar nicht so banal enträumlicht wie nach der rule of kewl/ship-has-speed-of-plot-Regel aber auch bedeutend flüssiger als Wooden Ships & Iron Men auszupacken oder vorher stundenlang Sandbänke zu zeichnen.

Alles in allem eine Ausgabe, wo ich vorbehaltlos jeden einzelnen Beitrag auch selber benützen würde. Wir haben die Nützlichkeit erhöht, in dem wir alle Karten & Handouts in allen verfügbaren Ausführungen (Spieler vs. SL) als Einzeldownload zur Verfügung stellen.

NB: Die Druckausgabe verzögert sich leider etwas. Alle Käufer der Digitalversion bekommen den Kaufpreis voll auf die Printversion angerechnet.

First Edition never died: Why most should quit talking about old-school roleplaying

Hi folks*!

I had some arguments of the benign kind about the nature of the OSR. Also, I had some online observations regarding „the“ OSR. What became clear quickly is that what is now thought of as „the“ OSR is filled by new arrivals. That is all fine and dandy. Obviously, they produce interesting if not award-winning, stuff on the avant-garde part of the spectrum, and solid adventure fodder on the other. So I am not saying there is not a movement or collection of movements. There are movements with momentum.

But the alleged old-school style itself has been bugging me for quite a long time. Because I do think that it does not exist, and that attempts at explaining the alleged old-school principles to outsiders and new arrivals has been utterly pointless and actually damaging. Especially in communities lacking exposure to actual play of Red Box D&D and especially, the lynchpin, first edition. In the German RPG community, most alleged OSR-fans treat products from „the“ OSR as some kind of Story Game or Forgian Gamism extravaganza. And misunderstand many things. Or they read the primers and make absurdist statements regarding the impossible nature of traps and the impossibility of „the sandbox“ campaign in what they assume to be old-school roleplaying. And I witness the same in English language gaming discussions. It’s either a fad or a „THING“ which to me, as a non-aligned gamer, seems wrong on both accounts. Both receptions are not „real“, that is not authentic in the Hip Hop-sense.

Now, instead of trying to correct and combat these hypocritical misunderstandings (in both directions: positive as well as negative), I want to point out a crucial fact that currently few people actively bring into the discussion:

First Edition never died. At the very last, if there was a renaissance of something people want to call „old-school“, then it now lasts longer than the dark age lasted!

Again: the Revisitation of the period from ’74-’85 has a longer history and more products „in-the-spirit-of-the-period“ than the period itself!

Know then, that it is the year 2017. We all agree that 3rd Edition has had an uninterrupted stretch of publications since 2000. That is 17 years. For those who were around to remember, 3rd Edition was launched by „going back“ to the Dungeon and „going back“ to Greyhawk.  Going back to challenge and trap based play.

Quite literally, the game officially returned to the Temple of Elemental Evil.

And it created an uproar, a resurgence in popularity that is holding on to this very day in the form of Pathfinder. It begot not one, but four sequels (3.5, Fuck Edition, 5th Ed., Pathfinder) and many, many offshoots, of which „the“ OSR is just one. So, challenge-based Dungeoneering was ruling supreme from 1974-1985 and starting again in 2000 until this very day. At the very least (below I shave off some more years from the dark age). So we have 29 years of solid Dungeoneering. Seventeen of which are the last 17 years, which is a longer stretch of time than the original 11 years of the golden age. But, you might say, was there truth in these last 17 years? Was this really a resurgence of true Dungeoneering as Gary meant it? Well, at the very least Dungeoneering as the Judges Guild meant it because once 3e and the SRD were out, they immediately started publishing the stuff from the olden days via Necromancer Games.

If I take a peek at the much talked about Wilderlands of High Fantasy, then I can see that Melan himself has a longer publication history in the official Wilderlands for 3E than the entire lifespan of the original Judges Guild was (1976-85 [9] vs 2004-2017 [13])! Furthermore, even before JG via Necromancer games started 1e-ing 3e (itself a vehicle for Gygaxian Dungeoneering), they republished the City State in 1999. Also, let’s not forget that 3e itself was preceded by publication of classic modules in their original form as well as the backbone of any D&D scholarship: The Dragon Magazine Archive in 19-fucking Ninety Nine. That was over 18 years ago. The whole Dark Age only lasted till 1999 then, and while the evil in the form of Dragonlance was around, 2nd Edition hit the shelves only in 1989. Making the proper Dark Ages run for exactly ten years (1989-1999). Ten years of evil 90ies-style overland adventure gaming are the anomaly here. Giving the concept of „1e-like  play“ its own name is utterly ahistoric. Sure, there are deviations. The Deviations are legion. And I have and will fight many of them. But do not tell me that the actual baseline, the actual foundation that informs the hobby is some acquired taste like Old Wines or Cigars. No, the masses have enjoyed (or could have enjoyed) True Roleplaying for over 30 years, with only ten years of actual Darkness in between. And even in between 1989 and 1999, First Edition books were still sold officially. And some modules staid true enough, like Night Below or Undermountain. Furthermore, while 2e was that Antithesis of 1e in spirit, the rules were so similar, people could keep playing if they wanted. And some did, enough did. Like medieval monks, they kept the mediterranean wisdom.

So what is left? The ORIGINAL online meaning of old-school. And that is a forceful rejection of First Edition AD&D. A fundamentalist movement that wanted to go all the way back to 1974. But the reasons and repercussions have not been understood by the new arrivals mentioned above. Especially in continental Europe, were 1e was not actually played a lot. And when I see people now, talking about the alleged „old-school“ way of playing, as if it was something novel for  a DM to create a world and let players play in them…I cannot take it serious. In fact it is damaging and demeaning to the hobby. Glorifying the past for whatever reasons is becoming more ridiculous with every passing year. Differentiating between 1e and 3e play () is meaningless to the current crop of „OSR“ writers & audience, the subtleties of Encount4rdization and commodification aka Tyranny of Fun(tm) are lost to people, who play 5e and have not witnessed the tactical railroading that Mike Mearls and James Jacobs once brought in. OSR was a term to seperate the „evul“ that was 3e to some people, who rejected it so harshly, that they rejected 1e with it. But these are battles of the past, fifteen years ago. Nowadays one just can talk about rules-light, rules-medium and rules-heavy D&D. And there is whack DMing (mollycoddling the players, railroading etc., Kender, Drizzt you all know that shit…) and True-School DMing (DM makes world, players play their characters, the world reacts ad nauseam).

Dungeoneering, in its many forms, won. Exploring a DM-created world won. There are deviations, but there is no need to put oneself philosophically into some allegedly exotic „old-school“ corner.

Except for marketing purposes.

*This is in english because it is mostly a Kata-rant written for Melan, but I think it would be too pontificating for a blog comment on his beyond formalhaut.

 

Story Mountain Breakdown oder warum der meiste Storykram Leute unglücklich macht

Lost Smackdowns Vol. 1

Immer wieder wird es besprochen, immer wieder treten Probleme auf, immer wieder werden neue Spielesäue durchs Dorf getrieben, die eines zum Ziel haben: Mehr kewle Aktionen, eine sog. bessere Story zu erzeugen. Mit gleichbleibendem, zweifelhaftem Erfolg.

Meine Meinung dazu kann man nachlesen, aber ich möchte hier mal ein paar objektive Probleme anmerken, die mir immer klar waren, aber vlt. so noch nicht ausformuliert wurden. Und wir wollen hier ganz ausdrücklich jede Rollenspieltheorie verlassen und ignorieren.

Dieses Problem ist eben nicht theoretisch, so haben zum Beispiel die spielerischen Wege des Blechpiraten und meiner Person sich schon lange getrennt, in aller Freundschaft, da ihm kewle Aktionen und cinematische Dinge eben sehr wichtig sind. Und er ist ja beileibe nicht der einzige, eine ganze Bandbreite an Angeboten und Schulen existiert.

Aber warum sind die alle zum Scheitern verurteilt? Nicht, weil nur D&D-ler,  Wargamer und GDW-Fans richtig spielen können. Nein, sondern weil die Forderung, die Vorstellung, das Verlangen an sich, innerhalb einer Rollenspielsituation „Story“ zu erzeugen eine volkommene Überforderung der Erzeugungssituation ist. Hier mal ganz einfach gesagt:

Annahme: Viele Leute meinen, wenn sie von „rule of cool“ und „Story“ sprechen Dinge aus Film + Fernsehen.

Was meinen sie genau? Nun, jeder ein bißchen was anderes, aber sie genießen eben bestimmte Elemente in (Genre-)medien, und wollen dieses Gefühl, diesen Rezeptionsmoment auch im Rollenspiel haben. Und diesen Erstgenuß, den kann ja jeder einigermaßen nachvollziehen. Nun müssen wir aber genau schauen, wie kommt denn diese Gefühlsregung zustande?

Bei „fiction“ ja, indem ein Drehbuch geschrieben wird, eine Filmmusik geschrieben wird, professionelle Darsteller das ganze interpretieren. So weit, so gut. Aber. Das klappt nie beim ersten mal.

Nochmal:

Das klappt nie so beim ersten mal, daß es beim Zuschauer die gewünschte Emotion auslöst!

Natürlich gibt es Theater. Aber die Rezeptionserlebnisse im Theater sind strukturell eben anders als diejenigen von durchchoreographierten Genremedien! Das gilt ja doppelt und dreifach für all die Sopranoklonserien, die mitlerweile auch in Deutschland angekommen sind! Wer meint, er könne seine Kampagne wie eine beliebte Fernsehserie gestalten, um diese tiefen emotionalen Regungen bei allen Beteiligten auszulösen, der sei mit aller Vehemenz daran erinnert, wie viel Arbeit es ist, damit Timing, Ton, Schnitt, Intonation, Beleuchtung usw. alles genau stimmen. Wenn irgendwas davon nicht hinhaut, muß es wiederholt werden, oder bleibt scheiße und damit ohne die erwünschte Wucht. Schlimmer noch, gerade im Bereich der spielleitungsnah ist, also dem Plot und den Dialogen, dem Weltenbau: Bis der ordentlich gemacht ist, für so ein Genremedium haben viele, viele Leute daran gearbeitet und stundenlange Konferenzen abgehalten um kleinste Details miteinander so abzustimmen, daß es paßt, daß es genau richtig rüberkommt. Kein Drehbuch, kein Roman wird genaus so beim Kunden ankommen, wie es beim ersten Aufschreiben aussah. Wie man diese Effekte innerhalb von Sekunden mit der erstbesten improvisierten Idee erzeugen will, das muß mir mal einer erklären.

Und in meiner Rollohistorie habe ich schon viele, viele sog. storyorientierte Runden und vor allem Versuche des „cinematischen“ Rollenspiels gesehen und erlebt. Und immer, ohne Ausnahme wird da, ganz so wie auch bei professionellen Darstellern, beim Improvisieren, Klischee an Klischee aneinandergereit.

Aus dem Versuch, eine bestimmte Stimmung oder Emotion auszulösen durch die Mittel der Kunst, wird dann die Referenz auf ein Klischee, welches man mit der gewünschten Emotion in Verbindung bringt. Was dann abläuft, wenn so eine Rollogruppe in einen Flow, einen Spielfluß gerät habe ich so erlebt: Man spielt sich improvisierte Bälle zu, die aus Versatzstücken von Genremedienanalyse und Genremedienerfahrungen besteht. Der Spaß und die Aufregung die dabei kurzzeitig den Raum erfüllt, beruht darauf, sich gegenseitig mitzuteilen, daß man die gleichen Sachen kennt und die jeweiligen Anspielungen versteht. Dies ist eine Mischung aus einem sozialen Sicherheitsgefühl und einer erregten Unsicherheit, weil man nicht weiß, wie das enden soll. Denn enden muß es, so kann es ja nicht ewig weitergehen, alleine weil irgendwann der gemeinsame Anspielungsraum erschöpft ist.

Nach dem Flowerlebnis kommt dann ein wenig Katerstimmung auf und man rätselt und sucht wieder in Foren und Rezensionen nach dem „Spielsystem“ welches vlt. doch irgendwie aus diesem kurzen Flowerlebnis eine ganz runde Sache machen kann. Oder orakelt an Details der Handlung rum, wie es vlt. noch anders hätte gehen können oder sollen.

Vielleicht gibt es dieses System. Aber, und das ist der wichtige Punkt, dieses System wird dann nicht mehr tun, was eigentlich der ursprüngliche Punkt war: ein Erstrezeptionserlebnis herzustellen.

Um den Widerspruch nochmal deutlich zu machen:

  • Erstrezeptionserlebnisse sind starke emotionale Regungen, die beim ersten (Genre-)medienkonsum auftreten.
  • Dieses Erleben wurde i.d.R gezielt ermöglicht durch die Arbeit vieler professionell arbeitender Handwerker und Künstler und fand arbeitsteilig und schrittweise/iterativ statt
  • In einer Rollenspiellrunde können Spielerbeiträge und Spielleitersetzungen fast nur spontan stattfinden. Auf jeden Fall aber nie arbeitsteilig oder schrittweise/iterativ.
  • Fast alle sog. cinematischen Storyspiele sind tatsächlich Anspielungsspiele.
  • Anspielungsspiele können qua definitionem niemanden mit einem Neuen Gefühl-Ereigniskomplex überraschen! Um überhaupt zu funktionieren, muß auf den (bei allen bereits vorhandenen) Fundus von rezipierten, professionell erdachten Rezeptionsmomenten Bezug genommen werden.

„Schlechte“ Filme sind übrigens auch in dieser Kategorie. Weil sie sich keine eigene Genrekunst leisten können oder wollen, bauen sie ihr Konstrukt aus dem Steinbruch der allgemein bekannten Genrekonventionen auf. Es sind dann Anspielungsfilme, ein müdes Lächeln oder Methadon im Vergleich zum Wahren und Schönen.

Jedwede rule of cool ist deswegen auch objektiv gesehen eine Sackgasse im Hobbyrollenspiel.

Wie man im Abenteuerrollenspiel Überraschung und damit originäre, kraftvolle und z. T. aufwühlende Erstrezeptionserlebnisse erzeugt, das haben wir ja schon jahrelang besprochen. Wichtig hier ist darauf hinzuweisen, daß man beim ARS ja innerhalb des eigenen Mediums bleibt, echtes Spiel anstatt Anspielungsspiel kann also ohne Verweise nach draußen stattfinden.

https://forum.rsp-blogs.de/index.php?topic=2529.0

Hater bleiben Spasten, die Erklärung Teil 4

Ganz allgemein kann ich übrigens feststellen, daß hier (gerade die Hater), einen Kategoriefehler eigener Art machen, der mir immer wieder begegnet ist:

Mir die falschen Motive und Gefühle zu unterstellen bzw. hineinzuorakeln. Deswegen hätte ich das eigtl. gerne im gesprochenen Wort zum Thema gemacht. Weder schäume ich vor Zorn, noch Heule ich rum. Sie schließen von Ihren codes und Gefühlswelten auf mich, und das scheitert regelmäßig.

Weder Nostalgie, noch Heimweh sind Gefühle die mich hier bewegen! Ich bin einfach nur baff erstaunt. Ebenso ist mir kein Dominanzdenken oder Avantgardetum qua Wohnort zueigen, war es nie und bleibt so. Auch Neid ist mir ein fremdes Gefühl.

Dieser Kategoriefehler treten witzigerweise oft auf mit den Personen, die sich irgendwie für mich interessieren. Die bohren dann nach, per PM, per EMail, oder rufen an, wollen sich unbedingt treffen und schrieben mir Lieder, stalken mich mit Sockpuppets aus ihrem Bad Honneffer Professorenbüro, wollen wissen ob ich denn nun schwul bin oder nicht, wie alt ich denn nun bin, oder was ich mir denke, als (vermeintlich) Arbeitsloser die Zeit armer Preisträger nicht wertschätzen zu können, (nur weil ich verfickt nochmal mich an die Regeln des Anstandes halte und als Juror niemals nicht vor offizieller Verkündigung irgendwas leaken würde). Usw. usf.

Man kann feststellen:

Ich teile nicht Eure Gefühle, nicht Eure Motive.

Deswegen sind wir uns fremd.

Und wie Advanced Chemistry versucht hat zu erklären: Fremd im Eigenen Land. Über das ich mehr weiß, dessen Hochkultur und wissenschaftliche Leistungen ich besser kenne, als viele „echten“ Deutschen. Und ja, wer hier nun Hochmut erkennt, genau da ist er, auch verletzter Stolz. Denn das ist ein starkes Stück über das sich jeder Aufsteiger, jeder Migrant zu Recht aufregt.

Und das hat dann nur bedingt mit Berlin zu tun, aber alles mit dem gesamtdeutschen Konformismus. Daß so wenig geistige Bereitschaft in Deutschland (Ost wie West) besteht, für jemand, der nicht den üblichen Kategorien entspricht. Aber von diesem Problem haben schon viel berufenere und größere Stimmen gesprochen, von Haffner, Broder bis Sido oder Serdar Somuncu, eine lange Liste, die das alles besser ausgedrückt haben. Die dann aber schnell wieder in eine Kategorie gedrückt werden, um bloß nicht zum Nachdenken zu zwingen…

Was mich tatsächlich traurig macht ist aber, daß gerade dies alles für mich als Einzelnen auch im Rollenspielhobby gilt. Und dafür sind Subkulturen eigentlich da: Um Gemeinsamkeit und Verständnis außerhalb der Mehrheitsgesellschaft ohne Ansehen der Herkunft zu finden. Weswegen ich das auch nie in all den Jahren vorher zum Thema gemacht habe. Und es gab Rolloszenen, da war das auch so, mehr wollte ich mit „Westberlin!“ garnicht sagen.

Erinnerung.

Die Meisten von Euch sind Langweiler, Die Erklärung Teil 3

Warum schreibt er das jetzt alles, mag man sich fragen? Nun in den letzten Jahren fand bei mir ein Umdenken statt, gezeitigt durch die Beobachtung der Onlinedebatten. Wie mir scheint gibt es bestimmte Dinge, die man durch das geschriebene Wort zwar ausdrücken kann, die aber bei den meisten Zuhörern dann nicht richtig ankommen. Der dt. Weg und auch das Blogmedium wie auch das Forum lädt zur Predigt ein. Man vergleiche nur BBC4 und Melvyn Bragg mit Essay & Diskurs beim Deutschlandfunk: Diskussion vs. Predigt.

Und so schien mir, als ich den wahren Gehalt des Problems erkannt hatte, daß die große Mehrheit der Restdeutschen Langweiler sind, eine Diskussion darüber viel vielversprechender als eine weitere Predigt eines Einzelnen. Diesen Gedanken äußerte ich im Tanelorn-Forum, worauf ich von zwei Podcasts angesprochen wurde, die dieses ermöglichen wollten. Einem habe ich zugesagt und dachte mir, daß sei viel besser als diese Gedanken zu bloggen. Es gab viele Fragen per Email vom Eskapodcast, Vorgespräche usw. usf. viele Fragen deren Natur ich überhaupt nicht richtig verstanden habe, auch im Gespräch ließ mich Attitüde und Erkenntnisinteresse von Martin leicht verrätselt zurück. Einerseits starkes Interesse an meiner Person, andererseits staatsmännisches Gehabe und Verträge die man dann unterschreiben sollte, die für mich mit subkultur und Indymedium nicht mehr so viel zu tun hatten. Aber ich dachte mir, spielst Du mal mit. Ich habe mir sogar treu auf Martins wunsch 6 Folgen Eskapodcast angehört. Eifrig schrieb ich mit um all die Fehler bzw. Schrägdeutungen nachweisbarer Fakten der Rollogeschichte aufzudecken, die Werner Fuchs und aber vor allem Rollohallodri Hadmar von Wieser da rausposaunten, an denen man sehr gut festmachen kann, was denn das Problem in der Szene ist- alleine die Reaktion daraufhin war wieder merkwürdig: anders als erwartet sprach ich scheinbar nicht mit jmd. wie ich ihn als jmd aus der Rolleszene kannte, sondern mit etwas steiferem staatsmännischem, mir mit changierender Reserviertheit sowie Offenheit gegenüber Stehenden.

Dann waren wir beide gleichzeitig Juroren für den DRSP, und da hat sich aus meiner Sicht Martin volkommen als mir unverständlicher Alman-Langweiler herausgestellt. Nicht daß wir uns groß gestritten hätten, aber jede Hoffnung die ich hatte, einen verwandten Geist vor mir zu haben, schwanden dahin, als er seine Verachtung für Asterix und Bud Spencer offenbarte. Wer Bud Spencer und Asterix doof findet, ist nicht in meinem Buch der coolen Leute. Dennoch war vor allem Martin es, der auch gegenüber anderen Juroren immer wieder seine eigene Verrätselung über unsere Argumentationsweise äußerte. Dazu hätte ich gerne mehr gewußt, in den Jurydiskussionen wurde nie klar, was er eigtl. wirklich denkt und vor allem warum. Aber ich werde es nie erfahren, denn vor kurzem hat er das angebahnte Podcastdings dann so in Frage gestellt, daß ich dann abgesagt habe.

Dies eben als ganz aktuelles Beispiel für nen Mainstream-Langweiler-Fred, der auch noch irgendwelche Komplexe und Reserven mit sich rumträgt und so für mich als Außenseiter überhaupt nicht verständlich ist. Eine seiner wiederholten Fragen war immer, warum wir anderen Jurymitglieder denn auf ideologisch-politische Kategorien rekurrieren oder warum „wir“ denn über so „Uraltrollenspiele“ reden. Er hatte da irgendwelche Grundannahmen, die ich nicht verstand. Ebenso hat er im privaten Gespräch so wie innerhalb der Jury immer wieder das Alter zum Thema gemacht, aber so, daß es auf mich (als Westberliner?) also große Unsicherheit oder Peinlichkeit wirkte. Und ich wüßte nichtmal warum! Beim Hören des Eskapodcast verstehe ich zum Beispiel auch nicht, wenn Martin lacht. Das sind so stellen, wo ich das Lachen überhaupt nicht deuten kann. Kurzum: Martin fand mich wohl ganz komisch und ich ihn, und er wollte dann nicht mehr spielen. Damit Euch aber nichtz [sic!] verloren geht, also hier diese Blogreihe, zu einigen seiner Fragen aus den Vorgesprächen, das wird beim Eskapodcast nämlich <Kartoffelstyle>von langer Hand geplant</kartoffelstyle>. Einzig den extra auf seinen Wunsch von mir zusammengestellten Takedown der FATE-Blase behalte ich mir noch vor, daß ist auch das Einzige was ich ihm übel nehme. Alles andere habe ich für mich selber gemacht, aber mein geiler FATE-Takedown, der war für Ihn, den gibts erstmal nicht.

Hier nun noch zu einer seiner spannenderen Fragen:

Darf man im Internet hart die Leute in Diskussionen angehen? Womit rechtfertige ich mein z. T. aggressives Verhalten?

Dies führt direkt zu den vorhergehenden Teilen dieser Reihe! Mein „Verhalten“ was einige als aggressiv emfanden/empfinden ist allermeistens einfach meiner anderen Sozialisation geschuldet. Was dem Westberliner Hochhausbewohner Normalität, erscheint dem Pietisten oder gar dem Katholiken schon grob unhöflich. Weiterhin ist mein Temperament schon genetisch gesehen viel heißblütiger als das des Durchschnitts-Almans (z. B. Schiller ausgenommen) und Niedrigblutdruckinhabers. Dennoch gab es immer wieder Situationen, in denen ich mit absichtlich aggressiv mit Zähnen und Klauen gekämpft habe, auch innerhalb meiner Normalitätsskala. Das zumindest gefühlt aber immer aus der Position des umzingelten underdogs heraus, bzw. des Paladins in Hell aka dem Titan der Wahrheit und der AK20 des Guten Geschmacks. Zuwieder sind mir alle Situationen, in denen eine Mehrheit einen einzelnen fertig macht. Alle die Situationen, in denen ich mal in der Position des Stärkeren war, und wenn nur gefühlt für den auf der anderen Seite, die tun mir aufrichtig leid! Wenn mich jmd. auf sowas aufmerksam gemacht hat, habe ich dies nach besten Kräften und Wissen versucht wieder einzurenken. Und genauso sehe ich das im Abstrakten, und jeder ist eingeladen mich daran zu messen. Und im Übrigen, da ich ja kaum noch relevant für die Szene bin, kann man das getrost zur Maxime für alle anderen erheben. Ich würde mir das wünschen, harte Wortgefechte. Man hat BattleRap erfunden, um weniger Schießereien zu haben. Man hat Parlamente erfunden, damit man sich anschreit anstatt zu beschießen. Da noch Friedenssauce drüberzukippen führt qua Überdruck zu echter Gewalt. Bin ich von 100% überzeugt.

Weiteres krasse Langweilerbeispiele bei gleichzeitigem kleinkarierten Größenwahntonfällen aus dem ganzen Podcastumfeld sind der hart-schnarchige FATE-Podcast-Mann oder scheißedarfichnichtsagenweilichjurorwar.