Sicher, man hat sich getroffen, sicher hat man bekannte Gesichter gesehen und ist freundlich-scherzend, oder umarmend-herzlich umgegangen. Sicher hat man auch eMail-Adressen getauscht für potentielle neue Privatrunden.
Sicherlich gab es auch im Prinzip nichts wirklich Schlimmes, Störendes von Seiten der Organisation.
Und dennoch.
Nie ist der Funke übergesprungen, die ganze Zeit fühlte ich mich auf dem Odyssee-Con unwohl. Oder besser gesagt lag eine bedrückende, das melancholische durchbrechende schlechte Stimmung auf dem Con.
Da ist zuerst die Örtlichkeit. Das interieur des HdJ Albert Schweizer macht von sich aus schon eine doofe Grundstimmung. Der Mief von Kinderverwahrung, Kinderverwahrlosung, bocklosen Erziehern und gänzlichem Fehlen von Engagement seitens des Bezirks und der Betreiber weht durch die unendlich hässlichen Innenräume. Keinerlei Zeichen der Fröhlichkeit des Hauptbetriebs, die man in anderen heruntergekommenen Jugendeinrichtungen finden kann sind dort auszumachen. Die Odyssee-Betreiber haben widerum auch nichts getan, um dort umzudekorieren.
Mag an mir liegen, aber besonders der Hauptsaal ist geradezu kafkaesk funktionstüchtig obwohl er dauernd getreten und bespuckt zu werden scheint.
Vielleicht füllte der Mangel an Enthusiasmus den leeren Saal, oder der Saal saugte jede positive Antriebskraft aus der Con-Orga. Jedenfall war gerade das Funktionspersonal gute-Laune-Senken.
Es tat mir weh, so vielen Leuten beim Scheitern zuzusehen, und in dieser Umgebung wurde der stimmungsverdunkelnde Effekt verstärkt. Ja, gescheitert sind manche, aber nie spekatakulär, sondern so ein Bißchen. One piece at a time. Aber in der Summe ergab sich ein moroser Brei aus Langeweile, Mief, Gleichgültigkeit und Inkompetenz der nüchtern kaum auszuhalten war.
Soll doch nicht verschwiegen werden, daß ich durch Zögerlichkeit auch gescheitert bin. Spielrunde nicht rechtzeitig angemeldet, durch Bahnsperrung zu spät gekommen, so fand meine Runde im ersten Block nicht statt. Da ich nur einen lustlos ausgefüllten Zettel anhing, gab es auch im zweiten Block zuwenig Interessenten. Drei Personen haben ausdrücklich nachgefragt (aber zu verschiedenen Zeitpunkten), andere konnten nicht, weil sie selber leiteten. Aber ehrlich gesagt habe ich es dann auch nicht mehr richtig versucht. So richtig Mühe habe ich mir nicht gegeben, doch noch genug Spieler zu finden.
Insofern selber Schuld, doch war ich nicht der einzige. Viele Runden fanden nicht statt, vor allem ARS-ige Sachen, also normale RSP, fielen aus, aber auch Sachen wie Sorceror blieben ohne Spieler. Und das hat mich trauriger gemacht, als der leichte Stich den meine gescheiterte Runde ausmachte.
Gespielt habe ich The Shadow of Yesterday und Transhuma Space. Beides waren mittelmäßige Erfahrungen, aber durch meine Stimmung war dieses weitere Mittelmaß sozusagen konstituierend der Odyssee zumindest bis auf Weiteres zu entsagen.
The Shadow of Yesterday ist nett, die Regeln sind in Ordnung. Vielleicht habe ich eine andere Taktfrequenz, aber 1,5h Charaktererschaffung finde ich schlicht blöd. Gerade bei regelarmen/wertearmen Systemen.
Auch Kämpfe, die länger dauern als 3.5 Kämpfe finde ich blöd, wenn man ein einfaches Roll & Shout System hat, das um nette Würfelschiebereien erweitert ist. Der SL war nicht im engeren Sinne vorbereitet, aber das war so geplant. Ehrlich gesagt verstehe ich diesen Ansatz nicht. Aber es gehört wohl gerade zum Spiel, daß man Einfluß alls Spieler auf bestimmte Dingen hat.
Man kann sagen, daß ich mit vorbereiteten Charakteren mehr Spaß gehabt hätte. Aber mein Spaß kam ja gerade aus der Abenteuerhandlung. Wenn man voraussetzt, daß der eigentliche Spaß darin bestehen soll, das Innenleben der Personnage zu gestalten und diese würfelrelevant einzubinden, muß man das schon zum Spielen zählen.
Echte Kritik am System: Die Termini sind z. T. schlecht gewählt und verwirrend.
Vorschlag: Charaktererschaffungsregeln in klein auf dem Blatt-de-personnage unterbringen, Liquid zum Vorbild nehmen. Dann flutschen die Begriffe evtl auch besser.
Die Transhuman Space Runde war durchwachsen.
Positiv anzumerken, SL war vorbereitet, personnagen waren fertig.
Negativ: Über eine Stunde hat es gebraucht, während der SL mit jedem einzelnen Spieler vor die Tür ging, und Erläuterungen zu den Geheimaufträgen und Missionen machte. Nach über zwei Stunden Setting- und Charaktereinführung gab es die erste Möglichkeit für Spielerinput. Mannoman.
Das Abenteuer war sehr leicht durchschaubar, und es gab auch keine echten Konflikte. Es gab nur eine relevante Entscheidung, und die konnte nur der Kapitän treffen. Alle Geheimnisse hatte ich nach einer halben Stunde auch in-Game aufgedeckt, der Rest war langwieriges Abwickeln des Unvermeidlichen.
Persönlich hat mich noch einiges am Habitus des SL gestört, auch an seinen ästhetischen Entscheidungen gibt es einiges zu kritisieren, aber ich habe gerade keine Lust die vorhersehbare Internetdiskussion zu den Themen anzufangen.
Das Quiz war irgendwie merkwürdig, weil einerseits extreme Spezialfragen gestellt wurden, der Quizmaster, der sich ja Mühe gegeben hatte das auszuarbeiten, aber extrem bemüht war, das ganze ultra-locker und ihn nicht wirklich interessierend darzubieten. Insofern war da Begeisterung vor der sich der Begeisterte dann aber selbst versteckt hat. Komisch. (Das Team Abenteuer. hat übrigens gewonnen! Hurrah!)
Tiefpunkt war die Tombola. Erstens sage ich es mal ganz deutlich: Simon macht das Scheiße. Im Sinne von super langwierig und unlustig. Nicht im Sinne von schlecht. Sondern einfach nur lahm, lahm, lahm. Aber das ist mE Verbrechen genug. Was mir aber den Tag vollends versaut hat, waren die zäh, lahm und beharrlich vorgebarachten „mainstream“ Dissereien.
Das grenzte an offene Feindseligkeit normalen Spielen gegenüber, zumal dauernd das Wort „mainstream“ als Schreckpopanz aufgebaut wurde. Ganz ehrlich, unter welche Leute ist man gekommen, wo „alle“ Jubeln, daß sie ein neuwertiges D&D Hardcover (DMGII) NICHT gewonnen haben? Und warum wird der Gewinner dann angefeixt und ausgelacht?
Auch die Vehemenz, mit der WoW erwähnt und abgekanzelt wurden fand ich befremdlich. Man kann ja Sprüche machen. Aber mir entging da jedwede Ironie, jedwedes liebenswürdige Augenzwinkern. Vor allem beim Publikum. Shadowrun, WoW, D&D und vorbemalte Minis als Preise wurden so runtergemacht, wie sonst nur Wraethu-Bildbände. Sehr unangenehm unter so vielen „offenherzigen und aufgeschlossenen“ Spielern…
Sehr unterhaltsam war das Rollo-Experiment, eine Art Abenteuerspielbuchstaffette. Ihr könnt euch das später bei Youtube angucken, link folgt. Es sei gesagt, daß das Scheitern des letzten Spielers den Abend schal abrundete.
Einige vom Team „Abenteuer.“ haben dann den Abend in einem Café ausklingen lassen. Da entlud sich mein Frust und Traurigkeit in einer Art Übersprungshandlung, in dem ich einen Sermon über die Küche ablieferte.
Eigentlich war es auch traurig, aber ehrlich gesagt ist es immer noch ein Punkt, über den ich mich aufrege. Irgendwann gab es nichts mehr zu Essen, und niemand wollte das ändern. So ab 1700 war Schicht im Schacht. Und das finde ich Ultra-Scheiße. Andere Dinge waren auch Scheiße an der Küche, aber das es nichts mehr gab fand ich die größte Dummheit, Frechheit und Inkompetenz überhaupt.
Ich habe mehr Geld für Bier ausgegeben, als auf dem ganzen Con. Und ich WOLLTE viel Geld ausgeben. Ich hätte ein vollständiges Sorglos-Stullen-Ei-Getränk-Bullettchen-Knabberkram Paket mithaben können. Ich WOLLTE es nicht. Ich WOLLTE alles auf dem Con kaufen.
Und so war ich nicht der einzige, der knartschiger und grummeliger wurde und Knast schob. Man war kurz davor sich Pizza liefern zu lassen. Wenn ich dann daran denke, daß die auch Übernachtungsgäste haben, kann ich nur hoffen, daß man da anders verfuhr. Ich finde den LindenCon schon unkomfortabel zum Übernachten, aber da geben sich die Veranstalter alle erdenkliche Mühe. Ich würde auf der Odyssee nicht übernachten müssen wollen.
Insgesamt war das Publikum die größte Enttäuschung. Berlin hat viele Subszenen, und auf Nexus Cons geht nur noch eine einzige davon: Die Spiel-in-der-Burg Leute. Dazu gesellen sich zur Odysse dann Neo-Rollenspieler „aus dem Internet“, und einzelen Versprengte wie Thyria- Tom oder ich selber.
Nicht, daß diese Leute inheränt schlechter wären als alle anderen. Aber in der Homogenität und Ballung treten die Schwächen und Eigenheiten übergroß hervor und werden durch fast nichts gemildert. Selbst zoombot hat lieber Diplomacy gespielt, als zur Odyssee zu kommen.
Von den 15 (sic!) Leuten aus meinem Bekanntenkreis die ich gefragt hatte, ob sie mitkommen wollen, haben die meisten nach einem Blick aufs Programm abgewunken. Von den Spielern, die in den letzten Jahren IMMER bei einer meiner Runden dabei waren, war kein einziger mehr da.
Leute, die so spielen wie ich, meine Bekannten und Freunde, und Leute die sozusagen evident an „unserer“ Art zu spielen Spaß hatten, kommen einfach nicht mehr.
Danke für diese Art der offenen Vielfalt, Odyssee!
So werde ich das das nächste Jahr wohl auch Diplomacy spielen, das hat mehr mit Rollenspiel zu tun.
Zum O.R.K.