Die Penaten sind im römisch-heidnischen Volksglauben die Geister der Ahnen die schützend ihren nachgekommenen Verwandten buchstäblich beiwohnen. Einige Ideen und Systeme aus der Frühzeit unseres jungen Hobbys haben dasselbe mehr beinflußt als andere. Heute betrachten wir Wirken und Werden des Basic Roleplaying von Chaosium.
Greg Staffords Basic Roleplaying schlug ein wie eine Bombe:
In einer Zeit wo ein jeder und seine Mutter D&D spielte, kam Runequest mit derart vielen echten Innovationen daher, daß man diesen Zeitpunkt durchaus als epochal Bezeichnen könnte. Leider lief die Gesamtentwicklung der Szene etwas anders ab, so daß nurmehr lediglich (Pleonasmus des Tages) das Attribut „zukunftsweisend“ als angemessen erscheint. Nach Michael Stackpoles Einteilung von Systemen in Generationen, läßt sich BRP den Generationen Drei, Vier und Fünf zuordnen. Im Jahre 1978 als Runequest veröffentlicht wurde, nam es also die Entwicklung der nächsten zehn Jahre vorweg.
Was waren diese echten Innovationen?
Sie sind nur im damaligen Kontext zu verstehen. Rollenspiel bedeutete damals kampflastiges Fantasy. Hier trat Greg Stafford ab 1975 in die Szene, seine Spielwelt Glorantha begann mehr und mehr Menschen zu begeistern. Auf dem DundraCon 1976 kursierten dann Regeländerungen für D&D von Stafford, Steven Perrin und anderen, welche zwei jahre später als Runequest gerannen.
Die wichtigsten Innovationen im Einzelnen:
– Rüstung schützt vor Schaden, nicht vor dem getroffen werden
– Schilde blocken Schaden komplett, wenn man einen Paradewurf schafft
– Paraden sind möglich, Waffen können zerbrechen
– Die impale-Regel: Waffen können im Gegner steckenbleiben, machen dann mehr Schaden (meist tödlich)
– Es gibt Fertigkeiten
– Es existiert ein leicht anzuwendendes System zum Fertigkeitseinsatz
– Keinerlei Stufen
– Lernen/ Aufstieg durch Anwendung der Fertigkeit
Das Alleinstellungsmerkmal damals war der erhöhte subjektive „Realismus“ der Nahkampfregeln. Nichts war damals wichiger. Dies machte auch den Erfolg aus: Alle Spieler, die meinten „im Mittelalter wäre das anders“, fanden bei Runequest ein neues Heim, insbesondere da D&D damals ein hochgradig abstraktes Kampfsystem hatte. Nun war es endlich möglich Schlag für Schlag den Strauß auszufechten. Tragischerweise hatten die Entwickler von DSA Runequest nicht rezipiert, sie erfanden eigene Lösungen für das Problem, eine Parallelevolution welche die deutsche Szene nachhaltig prägte. Leider waren die Lösungen von DSA weit weniger elegant als die Runequests, was bis heute nachhallt.
(Wie es sich mit Midgard verhält vermag ich mangels fundierter Kenntnisse nicht zu sagen, es bleibt aber anzumerken, daß Midgard mir bemüht erschien, Mittelalter zu simulieren; über Informationen aus der Mitte meiner geneigten Leserschaft freute ich mich sehr)
Dies führte in letzter Konsequenz zur Entstehung von Harnmaster, welches als direkter Verwandter betrachtet werden muß.
Nun ist es aber so, daß heutzutage unsere Problemgemengelage eine andere ist, als daß uns D&D zu unrealistisch ist. Deswegen ist BRP ein Anachronismus, dessen sekundäre Innovationen (die letzten Vier in obiger Strichauflistung) mittlerweile von hunderten Systemen übernommen und weiterentwickelt wurden.
Nur der Trägheit Chaosiums ist es geschuldet, daß sich seit 1980 nichts geändert hat. Interessanterweise plant Mongoose eine vierte Edition von Runequest.
Trickreicherweise flankiert Mongoose seine öffentlichen Verlautbarungen vermehrt mit Hinweisen darauf, daß man Regeln nicht rechtlich schützen kann. Dazu kommt, daß Mongoose die Regeln für Runequest für jeden öffnen will, was nur fair ist, da sie ja BRP kopieren (dies hieße im übrigen, daß BRP dann über den Umweg Mongoosse zum open source wird)!
Dies absehend, hat Chaosium seine Untätigkeit unterbrochen, und hat das BRP von 1981 nochmal um Runequestregeln aus der dritten Edition erweitert (copy & paste) überhastet auf den Markt geworfen. So wollen sie für evtl. Rechtsstreitigkeiten gut aufgestellt sein (Artikel).
Nun bleibt nur noch meine Aufforderung den alten Großonkel BRP einfach, um mit Hofrat Behrens aus Davos zu sprechen, „ad penates“ gehen zu lassen. Seit 25 hat Chaosium nichts dran getan, das merkt man dem Spiel an, einzig wer im Kern regellos spielt kann damit auskommen, ohne auf Probleme zu stoßen. Vielleicht bringt Runequest neue Impulse, aber ich vermute diese werden mal wieder vornehmlich im Fantasy und Kampfbereich liegen. Mit Spannung erwartet werden dürfen die neuen Magieregeln , ein Bereich in dem Chaosium immer versagt hat.