Accidentally on Purpose

Heute ein paar Grundsätzlichkeiten. Ich halte weiches Spiel für Zeitverschwendung, im Sonderfalle Stimmungsspiel reißt es mich sogar zu Unhöflichkeiten hin. Unter weichem Spiel verstehe ich die Ausschaltung der Möglichkeit zu scheitern, sowie das Fehl von Spielerleistung. Wenn es nichts zu leisten oder zu lösen gibt, warum spielt man das dann? Preacher hat einmal gesagt, er schätzt es einfach Charaktere darzustellen. Schön, aber ist nicht auch da irgendein Konflikt wünschenswert? Ein Beispiel aus dem wichtigsten und besten aller Forge-Texte, Dice and Diceless: One Designer’s Radical Opinion von Erick Wujcik (Amber-Autor). Um den Leserkreis dieses bonfonziönösen Dokuments zu erweitern, übertrage ich hier aus dem Englischen.

Ich möchte mit einer Beschreibung meiner ersten „würfellosen“ Erfahrung beginnen.

Vor langer langer Zeit, tief in der nebelumhüllten und dunklen Vergangenheit des Rollenspiels, noch vor 1979, hatte ich das Vergnügen einen excellenten Rollenspieler und Spielleiter namens Mike Cuba zu treffen. Wir waren beide beim RSP-Club „Weregamers“, der zu der Zeit an der Wayne State University gegründet wurde, als dort Kevin Siembiedas Handzettel herumgereicht wurden. Mike kam mehr oder weniger ahnungslos zu einem der Treffen und wurde in kürzester Zeit einer unserer bevorzugten Rollenspieler.
So war es keine weder eine Überraschung, daß er kurz danach zum Meister wurde, noch daß ich einer seiner ersten Spieler in seiner allerersten Kampagne wurde. Ich erwürfelte einen Dieb. Mit zwei (ja genau zwei) Trefferpunkten. Es war von Anfang an recht offensichtlich, daß Mike kein Meister war, der uns mit Samthandschuhen anpackte. Weder mit seinen Monstern, noch mit seinen Fallen war zu spaßen, und die große Mehrheit machte bedeutend mehr Schaden als die zwei ärmlichen Pünktchen, die mein Charakter hatte (bedenkt bitte , daß ich für das Fallenentschärfen zuständig war).
Also reagierte ich auf die einzig logische Weise. Ich vermied es zu würfeln, wo ich nur konnte. Kein Nahkampf, und kein Risiko eingehen. Wenn ich es mit einem Schloß oder einer Falle zu tun bekam, fand ich heraus, daß ich immer Fragen stellen konnte, auf die Mike immer einfallsreiche Antworten parat hatte. Die Kampagne nahm weiterhin ihren Lauf, und ich sezierte jede Falle, jedes Schloß, jeden Mechanismus sowie jedwede magische Maschine. Ich nutzte jeden Sinn, jeden Kniff und rollenspielte um mein Leben wann immer sich die Möglichkeit bot. Da ich weiterhin Einsen und Zweien beim Stufenanstieg würfelte (ich meine mich zu erinnern, daß ich auf der 7. Stufe Elf Trefferpunkte hatte), wurde ich immer besser darin, die Würfelei zu vermeiden, den Kampf zu vermeiden und so Vorsichtig wie nur irgend möglich zu sein.

Was ich damit sagen will ist, daß ich schon damals „würfellos“ spielte. Und das in einem Würfelspiel.

Hier ist eindeutig Plausibilitätenabwägung als Mittel der Wahl dargestellt. So würde ich auch gerne mal würfellos spielen, hart und Aufgabenorientiert. Aber meistens bedeutet es eben nicht Gehirnschmalz anstrengen, sondern daß der Ausgang feststeht. Und das ist nun wirklich Zeitverschwendung.

MunDepot: Zugang nur für Hofräte!

The RPG „industry“ is pretty much a waste of time. I’ve met a number of cool people in gaming, but even more losers. The goofy politics and high school-level social scene is just pointless. To paraphrase a much smarter man than I, the politics in gaming are so vicious because the stakes are so low.
– Mike Mearls
http://www.nutkinland.com/forums/showthread.php?t=996&page=3




5 Gedanken zu „Accidentally on Purpose

  1. Ich teile deine Abneigung gegen Spiele, in denen kein Scheitern möglich ist.

  2. Hey, das ist da gelagert, für wenn ich es mal brauche. Nicht verschießen! Nur im V-Fall einsetzen!

  3. Wieso setzt Du eigentlich Konflikte immer mit „Würfeln“ gleich?Ein Konflikt kann es auch sein, in einer Dilemma-Situation eine Entscheidung treffen zu müssen: „Rette ich meine große Liebe oder die Seilbahn voller Pfadfinderinnen“ zum Beispiel. Sowas in der Art.Ein Konflikt ist für mich zunächst einmal eine Herausforderung, der der Protagonicht sich stellen muß, eine Entscheidung, die er zu treffen hat und die daraus erwachsenden Konsequenzen, mit denen er leben muß. An diesen Situationen wächst der Charakter oder zerbricht daran – auf jeden Fall wird er sich daran entwickeln.Das ist das erste, was mir unter Konflikt einfällt – und dazu muss man nicht ein einziges Mal würfel in die Hand nehmen. Und wo ist da die Unmöglichkeit eines Scheiterns gegeben? Nur weil etwas nicht vom Zufall abhängt, bedeutet das doch nicht, daß man nciht scheitern kann.Diese Form von Konflikten kann formalisiert werden, muss sie im ho aber nicht.Beispiel Polaris: Konflikte werden rein verbal unter Verwendeng von Schlüsselsätzen ausgetragen. Das funktioniert. Und es rockt.(Mit einer Rezi zu Polaris kann ich nun nicht so auf die Schnelle dienen – das ist eines der Forge-Spiele der neuesten Generation. Infos findet man hier: Lohnt sich gewaltig)

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